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Verkauf feil bieten; oder sich in den
Wohnungen zum Singen, Aufspielen
u. dgl. gegen Belohnung aufdringen;
oder Unterzeichnungen, zumal mit An-
sorderungen von Darlehen und Vor-
schüssen für angebliche Unternehmun-
gen, worüber eine polizeiliche- Bewil-
ligung oder öffentliche Bekanntmachung
nicht vorliegt, haufiren tragen.
Artikel 2.
Erschwerende Umstände der Bettelei sind
besonders folgende:
1) wenn Bettler sich in das Innere der
Wohnungen einschleichen, oder zur Zeit
der Nacht betteln;
) wenn mehrere Bettler ihr Gewerbe in
Gesellschaft und Verbindung ausüben;
3) wenn Jemand seine Kinder zum Bet-
teln ausschickt, oder sie dazu herleiht;
oder sich dazu fremder Kinder als Werk-
leuge bedient;
wenn Bettler künstliche Mittel gebrau-
chen, um größeres Mitleid oder Furcht
zu erwecken; insbesondere wenn sie fal-
sche Leibes Gebrechen, Wunden und
Krankheiten annehmen, oder sonstige
erdichtete Unglücksfälle vorspiegeln;
wemn sie zu ihrem Vorthelle die Religion
mißbrauchen, den Aberglauben ins
Spiel zieben, und sich geheimer Kräfte
oder Heilmittel berühmen.
Artikel 3.
Alle ausländischen, und solche inländl-
schen Bettler, welche ihre Heimath verlas-
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sen, um anderwaͤrts, und wohl gar in an-
dern Gerichtsbezirken oder Krrisen dem All-
mosen nachzugehen, werden den Landstreichern
gleich geachtet.“
Zu den Landstreichern werden ausserdem
alle diejenigen gezählt, welche sich aus ih-
rem ordentlichen Aufeuthalte entfernen, uud
in polizeiwidriger Art, ohne Herkunft, Be-
schäftigung und Mittel des Unterhalts nach-
weisen zu können, von Ort zu Ort auf gut
Glück fortzubringen suchen; namentlich:
1)) Fremde, welche auf vorbemerkte Weise
ohne Paß, oder mi erloschenen Pässen her-
umziehen:
2) Entwichene Dienstboten, die ander:
wärts herrenlos auf eigene Faust ein unstaͤ-
tes Leben führen;
3) Handwerko Gesellen und Lehrlinge,
welche ohne Arbeit zu nehmen, von Bezirk
zu Bezirk wandern, keine oder unordentliche
Wanderbücher haben, oder auf Abwegen be-
treten werden;
4) Entlassene Soldaten, die von den
vorgeschriebenen Strassen abweichen; aus-
wärtige Ausreisser, die sich nicht bei der
ersten Obrigkeit stellen, oder die angewiese-
nen Wege willkührlich verlassen, oder den
gestameten Aufenthalt zu einem müssigen und
unordentlichen Leben mißbrauchen;
5) Laudfahrer, die, unter dem Scheine
von Dienstgesuchen oder Handelschaften sich
beim Landvolke zur Herberg eindrängen;
6) Bauernbursche, Knechte, Mägde,
Hirten u. s. w., welche, unter dem Vorge-