fullscreen: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

Bismarcks preußische Steuerreform. Zwejjährige Reichsbudgetperioden. 353 
im Reichstag“ (Poschinger, Bd. 2, S. 14). Ferner erstrebte Bismarck eine inner- 
preußische Bestenerung des Vertriebes von geistigen Getränken und Tabaksfabrikaten 
(„Lizenzsteuer“) zur Entlastung der Gemeinden. Die direkten preußischen Steuern 
suchte er durch die Einkommensteuer und die Einführung einer Kapitalrentensteuer zu 
ersetzen. Aber selbst diesem, in seiner Mehrheit sozusagen auf Bismarcks Namen ge- 
wählten preußischen Landtag von 1879ff. vermochte Bismarck keine einzige der auf- 
gezählten Steuerreformvorlagen abzugewinnen. Die einzige Errungenschaft, welche er 
durchsetzte, war der dauernde Erlaß der fünf untersten Klassen der staatlichen preußi- 
schen Einkommenstener (Gesetz vom 10. März 1881). Endlich, in noch späterer Zeit 
(durch Gesetz vom 6. Juni 1884) glückte Bismarck eine Resorm, die ihm besonders 
am Herzen lag: die Beseitigung des unverhältnismäßig hohen Stempels bei Kauf- 
verträgen von Immobilien und von Pachtverträgen. In betreff der Einkommensteuer 
huldigte der Fürst schon damals dem erst viel später im Miquelschen preußischen Ein- 
kommensteuergesetze zur Durchführung gelangten Grundsatze der Selbsteinschätzung, 
den auch Sachsen damals bereits mit großem Erfolg angenommen hatte, und Bismarck 
sagte schon damals voraus, daß der Staat damit gute Geschäfte machen werde 
(Poschinger a. a. O., Bd. 2, S. 14). 
Im Frühjahr 1881 unterbreitete Bismarck dem Reichstag eine Vorlage, welche 
bezweckte, zweijährige Budgetperioden und vierjährige Wahl= oder Gesetz- 
gebungsperioden im Reiche einzuführen. Ihre Begründung sagte: durch die vor- 
geschlagene Maßregel werde das Budget des Reiches sicherer gestellt, eine stetigere Mit- 
arbeit des Reichstags an der Gesetzgebung erzielt, auch das gleichzeitige Tagen der 
Landtage mit dem Reichstag vermindert. Aber die Vorlage enthielt offenbar eine Ver- 
fassungsänderung. Sie wurde eingebracht unter dem ohnehin drohenden Anzeichen 
einer engverbündeten klerikal-konfservativen Mehrheit und zu dem offenkundigen Zwecke, 
die Rechte des Reichstags zu schmälern. Denn schon die Forderung zweijähriger 
Budgetperioden statt der bisher verfassungsmäßig einjährigen enthielt eine offen- 
bare Schmälerung der Rechte des Reichstags. Nicht minder das zweite Verlangen, 
daß der Neichstag unr ein Jahr ums andere, d. h. thatsächlich immer nur zu Ende 
der zweijährigen Budgetperiode, berusen werde. Im Lause der neugeplanten vier- 
jährigen Wahlperioden würde der Neichstag im ganzen also nur zweimal zusammen- 
getreten sein. Dazu konnte die Volksvertretung unmöglich die Hand bieten, und die 
Absicht, den Reichstag nur alle zwei Jahre zu berusen, wurde daher fast einstimmig 
zurückgewiesen. Gegen die Bewilligung zweijähriger Budgetperioden wurde von Red- 
nern aller Parteien außerdem geltend gemacht, daß die Feststellung der Einnahmen 
und Ausgaben auf einen so langen Zeitraum kaum durchführbar sei, namentlich bei 
der starken Schwankung der Preise. Nachtragsetats würden unvermeidlich werden 
und die erhosste Zeitersparnis wieder aufheben. So lehnte denn der Reichstag bei der 
Schlußabstimmung am 6. Mai 1881 die Vorlage fast einstimmig ab, obwohl Fürst 
Bismarck in langer Rede für dieselbe eingetreten war. 
Dasselbe Schicksal erlitt eine andere Vorlage der Regierung, die Schöpfung eines 
deutschen Volkswirtschaftsrates. In Preußen war ein Volkswirtschaftsrat 
Blum, DTas Teutsche Neich zur Zeit Bl#marck“. 23 
  
   
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.