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Ministerial.-Bekanntmachungen.
I. Vielfach ist in neuerer Zeit die Klage laut geworden, daß die Heilighal-
tung der ehristlichen Sonn= und Fest-Tage auf eine für das allgemeine Staats-
wohl bedrohliche Weise abnehme. Das unterzeichnete Staats-Ministerium hat
noch keine genügende Veranlassung, für den Umfang des Großberzogthumes
solche ausgedehnte Besorgnisse zu theilen; dasselbe ist auch der Ansicht, daß, wenn
etwa hin und wieder Gleichgültigkeit ehristlicher Religions-Bekenner gegen die
Feier ibrer Sonn= und Fest-Tage sich zeigen sollte, es zunächst nur Aufgabe
der Kirche seyn kann, durch die ihr zu Gebote stehenden Mittel und Organe
auf die innere Hebung ihrer Anhänger hinzuwirken. Dennoch aber ist nicht zu
verkennen, daß der Staat ein wesentliches Interesse dabei hat, daß die Bevöl-
kerung auch in ihrer ganzen äußern Haltung stets der öffentlichen Feier kirch-
licher Feste diejenige achtungsvolle Rücksicht widme, welche durch alt eingelebte
ehristliche Sitte und durch die bürgerlichen Gesetze allen Religions-Bekenntnissen
gewährleistet ist. Wenn daher die aus älterer Zeit herrührenden Sabbaths-
Ordnungen zum Theil in den Beschränkungen der individuellen Freiheit an Sonn-
tagen weiter gehen mögen, als nach den neuern Grundsätzen über das Verhält-
niß des Staates zur Kirche für nothwendig anerkannt wird, so ist doch eine
strenge Handhabung derjenigen polizeilichen Bestimmungen, durch welche die Ein-
stellung geräuschvoller oder öffentlicher Arbeiten, die Schließung öffentlicher Ver-
kaufs-, Schank= und Vergnügens-Lokale, namentlich während des Gottesdienstes,
angeordnet und jede Störung der Gottesverehrung untersagt wird, für die
Staats= und Gemeinde-Behörden wie für alle Staatsangehörigen als eine Pflicht
anzuerkennen, welche dem Rechte der Kirche auf ruhige und würdige Feier
ihrer Feste entspricht. Das unterzeichnete Staats-Ministerium hat sich aus die-
sen Gründen bewogen gefunden, den Polizei-Behörden die Anweisung zur sorg-
fältigen Aufrechthaltung der hierauf bezüglichen Gesetze zugehen zu lassen, un-
terläßt aber nicht, von dieser Anordnung hiermit allen Staatsangehörigen Kennt-
niß zu geben und spricht dabei die Hoffnung aus, daß allseitig auch ohne An-
wendung der gesetzlichen Strafen zur Erreichung eines Zwecks werde mitgewirkt
werden, welcher ohne Zweifel die Billigung der weit überwiegenden Mehrheit
der Bevölkerung findet.
Weimar am 3. März 1851.
Erstes Departement des Großherzoglich Sächschen
Staats-Winisteriums, ##btheilung B.
von Watzdorf.