Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1879. (63)

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8 15. 
Die praktische Prüfung (Lehrprobe) wird thunlichst in einer höhern 
Mädchenschule abgelegt. Jedenfalls halten sich die Themata innerhalb der 
Grenzen des Lehrplans einer solchen Schule. 
Die Aufgaben werden auf Vorschlag der Mitglieder der Kommission von 
dem Vorsitzenden bestimmt und den Bewerberinnen spätestens 24 Stunden vor 
dem für die Ablegung der Lehrprobe bestimmten Termine gegeben. 
Für jede Lehrprobe ist eine schriftlich ausgearbeitete Disposition einzu- 
reichen. 
§ 16. 
Von den Bewerberinnen ist in den einzelnen Lehrgegenständen nachzuweisen: 
1) In der Religion: Allgemeine Bekanntschaft mit dem Lehrinhalte 
der heiligen Schrift und mit der heiligen Geschichte alten und neuen Testaments 
in ihrem Zusammenhange, sowie mit den Haupthatsachen der Kirchengeschichte, 
ingleichen Kenntniß des Schauplatzes der heiligen Geschichte. 
Die Bewerberin muß im Stande sein, eine biblische Geschichte im An- 
schlusse an die Ausdrucksweise der Bibel — ohne indeß an den Wortlaut 
gebunden zu sein — frei zu erzählen und über den religiösen und sittlichen 
Inhalt derselben Auskunft zu geben. Sie muß den Katechismus ihrer Kirche 
kennen, über den Sach= und Wortinhalt desselben Auskunft zu geben ver- 
mögen, zu seiner Erklärung Bibelsprüche, biblische Erzählungen, Liederverse und 
Lieder heranzuziehen wissen und eine Anzahl geistlicher Lieder mit richtigem 
Verständniß aus dem Gedächtniß wiedergeben und erklären können. 
2) Im Deutschen: Vertrautheit mit einer Leselehre, mit den Haupt- 
regeln der Grammatik und Rechtschreibung, sowie mit der Methodik des Sprach- 
Unterrichts, Korrektheit und Gewandtheit in zusammenhängender mündlicher 
und schriftlicher Darstellung, übersichtliche Bekanntschaft mit der Literatur- 
geschichte und mit der Ingendliteratur, eingehendere Kenntniß einiger Haupt- 
werke der Dichtung, Kenntniß der verschiedenen Redeformen, der Dichtungsarten 
und der bekanntesten Versweisen (Metra). 
3) Im Französischen und im Englischen: Korrekte Aussprache, 
Kenntniß der Grammatik und Sicherheit in der Anwendung derselben, die Fähig- 
keit, die in höheren Mädchenschulen eingeführten Schriftsteller ohne Vorbereitung 
zu übersetzen und leichte Stoffe im Wesentlichen richtig, sowohl mündlich als 
schriftlich darzustellen; allgemeine Kenntniß der Literaturgeschichte.
	        
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