Regierungs-Blatt
für das
Großherzogthum
Sachsen- Weimar:= ————
Nummer 9. 6 Weimar. 11. Mai 1881.
Inhalt: Ministerial-Bekaumtmachung, die Emmündigung einer Person wegen Gelnestranthen betressend S. 71.
— Minist terial. Bekanntmachung, Wechiel in der Person des Expropriations-Kommissars für die Feldabahn
berreffend S. 77. — Reichs-Gesetzblatt S. 738
Ministerial-Bekanntmachungen.
(37] I. Während nach § 85 des Gesetzes über die elterliche Gewalt und
das Vormundschaftswesen vom 27. März 1872 Volljährige, welche nach Gehör
eines oder mehrerer Aerzte für des Vernunftgebrauchs beraubt erklärt worden
sind, unter Vormundschaft gestellt werden müssen, sofern die elterliche Gewalt
über sie nicht fortdauert, bestimmt die deutsche Civilprozeßordnung in den
§§ 539 und folg., daß eine Person nur auf Antrag durch Beschluß des
Amtsgerichts, bei welchem sie ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, für geistes-
krank (wahnsinnig, blödsinnig u. s. w.) erklärt werden könne. Der Antrag
kann von dem Ehegatten, einem Verwandten oder dem Vormunde des zu
Entmündigenden, gegen eine Ehefrau nur von dem Ehemanne, gegen eine
unter väterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehende Person nur von
dem Vater oder dem Vormunde gestellt werden. In allen Fällen ist auch
der Staatsanwalt bei dem vorgesetzten Landgerichte zur Stellung des Antrags
befugt.
Hervorgetretene Zweifel über das Verhältniß dieser reichsgesetzlichen Be-
stimmungen zu der angezogenen Vorschrift des Landesgesetzes vom 27. März
1872 und über die Wirkung, welche jene auf diese ausgeübt haben, sowie
das Bedürfniß der Herstellung eines gleichmäßigen Verfahrens für die Fälle,
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