Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1890. (74)

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XIX. Für den Begriff der Hausgewerbetreibenden (vergleiche Nr. II und VIII) 
hat das Gesetz folgende Keunzeichen aufgestellt: 
1. das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, in welcher der Gewerbe- 
treibende mit seinen etwaigen Arbeitern die Arbeit ausführt, 
2. die Abhängigkeit von einem oder mehreren anderen Gewerbetreibenden, in- 
sofern er in deren Auftrage und für deren Rechnung, sei es mit den von 
ihm selbst beschafften oder mit den von den Ersteren ihm gelieferten Roh- 
stoffen, gewerbliche Erzengnisse herstellt oder bearbeitet, 
3. die Ausübung eines selbständigen Gewerbes im Gegensatz zu der Beschäf- 
tigung der unselbständigen Lohnarbeiter, welche von Gewerbetreibenden 
außerhalb deren Betriebsstätten verwendet werden. 
Der Hausgewerbetreibende setzt die hergestellten oder bearbeiteten Erzeugnisse in 
der Regel nicht unmittelbar an die Konsumenten ab, sondern liefert dieselben an 
andere Gewerbetreibende, welche ihrerseits aus dem Absatz der von den Hausgewerbe- 
treibenden angefertigten Produkte einen Unternehmergewinn erzielen. 
Es wird hiernach weder ein Schneidergeselle, der wegen Mangels an Raum in 
der Werkstätte des Schneidermeisters oder aus anderen Gründen seine Näharbeit zu 
Hause verrichtet, noch auch ein Schneider oder Schuhmacher, welcher für beliebige 
Kunden Waaren anfertigt, als Hausgewerbetreibender gelten können. Bielmehr 
werden der Erstere als Lohnarbeiter, die Letzteren als selbständige Unternehmer 
anzusehen sein. Die Frage, ob Personen, welche im Auftrage und für Rechnung 
anderer Gewerbetreibender in eigenen Betriebsstätten gewerbliche Erzeugnisse herstellen 
oder bearbeiten, Hausgewerbetreibende oder unselbständige Lohnarbeiter sind, wird 
nur nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles zu entscheiden sein. Die zu 
Nr. XVIII aufgestellten Gesichtspunkte für die Prüfung der Arbeitgebereigenschaft 
eines sogenannten Akkordanten finden hier entsprechende Anwendung. 
XX. Welche Versicherungsanstalt für die einzelnen Versicherten zuständig ist, 
ergiebt sich aus §§ 41 und 120 des Gesetzes. Nach diesen Bestimmungen erfolgt die 
Versicherung in derjenigen Versicherungsanstalt, in deren Bezirk der Beschäftigungsort 
des Versicherten liegt. Soweit jedoch die Beschäftigung in einem „Betriebe“ statt- 
findet, dessen Sitz im IJunlande belegen ist, gilt als Beschäftigungsort ausnahmslos, 
nicht blos im Zweifel, der Sitz des Betriebes (§ 41 Absatz 3 des Gesetzes). 
Betriebssitz ist derjenige Ort, an welchem sich der Mittelpunkt (wirthschaftliche 
Schwerpunkt) des Unternehmens befindet. Der Sitz des Betriebes kann durch das 
Vorhandensein von Betriebsanlagen, Verkaufsstätten, Waarenlagern äußerlich erkennbar,
	        
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