Die strategische Lage am 13. - 14. September 35
Es wurde eine rauhe, regnerische Nacht. Die sanfte Landschaft erschauerte
im Aufruhr der Elemente, in den die Streufeuer französischer und englischer
Batterien und die blassen Lichtbahnen der deutschen Scheinwerfer neue Töne,
neue Farben mischten.
Die deutsche Heeresleitung erwartete vom lommenden Tag eine Festigung
der Lage und die Ausrichtung der neugestellten Schlachtfront, in die das
IX. Reservekorps und das XV. Korps soeben eimückten. Die franzöfische
Heeresleitung gedachte am 14. September die Verfolgung nach Dberwindung
des verstärkten Widerstandes durch eine Durchbrechung der deutschen Mitte
und eine Zertrümmerung der 1. und 2. Armee zu krönen. Vielleicht ist in
dieser Nacht im Lager Joffres der Gedanke wachgeworden, daß die Deutschen
sich wirklich zur Schlacht gestellt hatten, sicher aber handelten die Franzosen
tatkräftig, als sie zur Aberwindung des Widerstandes rüsteten, der ihre Ver.
folgung zu lähmen begann.
So wurde der neue Tag zum großen Jusammenprall, der das strategische
Gewölk zerriß und Klarbeit schuf. Im Abringen der Kräfte gebunden, stritten
die Heere am 14. September vom grauen Morgen bis in die finkende Nacht,
und auch die Nacht machte dem Kampf kein Ende, der nun als allgemeine
Schlachthandlung um sich fraß und sich von der Nordfront von Verdun und
den Nordargomnen bis zu den Forsten von Carlepont in die Erde wühlie,
wo er an die Stelle geheftet blieb.
Die Armee des Kronprinzen, die ihrer Bewegungen seit dem Beginn des
Feldzuges Herr geblieben war, setzte sich von Consenvoye bis Baremes und
nahm ihre Nachhuten auf, die Armee des Herzogs Albrecht hatte sich ent-
wirrt und stemmte sich zwischen Binarville und Souain fest. Sarrails und
de Langles Vormarsch kam auch an diesem Tage nicht in Fluß und staute sich
im Waldgehege und auf den verbauten Straßen ösllich und westlich der Ar-
gonnen. Sarrail gelangte noch bis Barennes, wurde aber am Hügel von Mom-
faucon in die Verteidigung gewiesen, de Langle traf bei Binarville, Ripont,
Tahure, Cernay und Le Mesnil auf harten Widerstand und machte Halt.
Die 3J. deutsche Armee hielt das Vorgelände des Hochberges, des
Mont Cornillet und der kleineren Hügel zwischen Auberive und Nogent
[IAbbesse an der Straße, die von Nauroy nach Moronvillers führt, auch
am 14. September gegen alle Angriffe Fochs und deckte die Abergänge von
PDont Faverger und die linke Flanke der 2. Armee.
Oie 2. Armee lag am 14. September mit allen Korps im Umkreis von
Reims im Kampf verstrickt, nachdem das VII. Korps von Loivre bis Oran.
ville JZeit und Raum zum Aufbau der Front erstritten hatte. Bülow hielr
die nach Westen gewendete Linie Reims— Juvincourt gegen alle Anläufe
Franchet d'Espêèreys und dessen wütend arbeitende Artillerie, wenn er auch
nicht verhindern konnte, daß die Franzosen gegen den Brimont Raum ge-
wannen und über den Marne-Aisne-Kanal gelangten.