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Der erste Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und
Grossbritannien sei aus dem Jahre 1892 und beziehe sich nur auf
Deserteure von Kauffahrteischiffen. Vor dem Vertrag der Ver-
einigten Staaten mit Dänemark aus dem Jahre 1861 habe im
Jahre 1853 unter der Präsidentschaft von Pierce in Bezug auf
einen dänischen Deserteur, welcher angehalten und dann in New-
York wieder freigelassen worden sei, der Attorney General Cu-
shing sich gegenüber dem Staatssekretär Marcy gutachtlich dahin
geäussert, dass ohne einen Staatsvertrag die Exekutive und die
Gerichte der Vereinigten Staaten nicht befugt seien, auf Antrag
des dänischen Konsuls oder eines anderen Vertreters der däni-
schen Regierung einen desertierten Seemann der dänischen
Marine zu arretieren, in Haft zu halten und auszuliefern. Der
Attorney General habe dabei ausgeführt, dass eine völkerrecht-
liche Verpflichtung zur Arretierung und Auslieferung solcher
Personen, die aus einem fremden Kriegsdienst desertiert seien,
ebensowenig bestehe, wie zur Arretierung und Auslieferung von
flüchtigen Verbrechern, die auf das einheimische Gebiet entkom-
men seien, sondern dass die Anhaltung und Auslieferung solcher
Personen einen Gegenstand besonderer Verträge bilde.
Die seit ungefähr 100 Jahren bestehende ununterbrochene
Praxis der Exekutive stelle überzeugend die Rechtsregel fest,
dass, abgesehen von Verträgen, eine Verpflichtung, fremde See-
leute, die in den Vereinigten Staaten desertiert wären, auszuliefern,
nicht bestehe.
In dem nordamerikanischen, wie im englischen Recht hat das
rechtskräftige Urteil eines Gerichtes eine über den einzelnen Fall
hinausgehende Bedeutung. Die Gerichtshöfe gleicher und nie-
derer Instanz sind bei künftigen Entscheidungen an die in
einem rechtskräftigen Urteil aufgestellten Grundsätze gebunden.
Auch der Gerichtshof, welcher den Grundsatz aufgestellt hat,
kann hiervon nicht wieder abgehen. Die Frage, ob ein derartiger