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‚= sei jedoch ausdrücklich darauf verwiesen, daß die von den Verf. (S. 76f.
Anm. 1) erörterten prinzipiellen Fragen des Wahlrechts an dieser Stelle
(Bd. 28 S. 104 ff.) schon von dem wohl gründlichsten Kenner dieser Materie,
Ao. TECKLENBURG, behandelt sind (vgl. auch dessen Aufsatz im Archiv f.
Rechts- u. Wirtsch.-Philosopbie Bd. 6 S. 1 ff.). der auch neuerdings (Schmol-
lers Jahrbuch 1913 S. 2110f.) über die gesunde Vorwärtsentwicklung des
dänischen Rechts Beachtenswertes gesagt hat. Das Volksting, das Unter-
haus, geht aus geheimen, direkten Wahlen hervor. Für diese aber ist das
Proportionalwahlsystem nicht eingeführt, obwohl das dänische Staatsrecht
durch seine Anwendung bei der verhältninmäßig bedeutungsloseren Wahl
zum Landtag seit über einem halben Jahrhundert (1855) seinen Wert prin-
zipiell anerkannt hat. Ueberhaupt ist das Gesamtbild der die Zusammen-
setzung der Volksvertretung betreffenden Normen das eines Komplexes
bunt zusammengewürfelter rechtspolitischer Elemente, in dem häufig eine
einzelne an sich sehr zu billigende Reform zu einem widersinnigen Er-
gebnis führt, weil die entsprechende Reform der komplementären Rechts-
normen unterblieben ist. Das auffallendste Beispiel hierfür ist vielleicht
die Abmessung der Altersgrenze für das Wahlrecht: für das passive Wahl-
recht ist sie auf das 25. Jahr herabgesetzt, für das aktive steht sie auf
dem 30., ein Zustand, der noch grotesker dadurch wirkt, daß der Kandidat
für das Volksting sich selbst aufstellen muß. — Der Tendenz des däni-
schen Staatsrechts zu starker Ausbildung konstitutioneller Garantien ent-
spricht einerseits Recht und Pflicht beider Tings zur Kontrolle der Finanz-
verwaltung mit Hilfe je zweier von ihnen zu ernennender und zu besol-
dender Revisoren, andererseits die beiden Tingen beigelegte allgemeine
Befugnis zur Errichtung von Kommissionen aus ihrer Mitte, die berechtigt
sind, sowohl von Privatpersonen als von Behörden mündliche oder schrift-
liche Auskunftserteilung zu verlangen.
Der dritte Abschnitt handelt von den „Staatsfunktionen® in sieben
Kapiteln: Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, Gesetzgebung, allge-
meine innere Verwaltung, Verwaltung der Finanzen, Kriegsmacht, richter-
liche Gewalt, Kommunen. Die Darstellung der Gesetzgebung, des Kern-
punktes des Staatsrechtes, zeigt im wesentlichen das typische Bild dieser
Materie im konstitutionellen Staatsrecht mit denselben Streitfragen, wie
überall, z. B. die nach Wirkung und Bestand der königlichen Notverord-
nungen oder, wie die dänische Rechtssprache sie nennt, der vorläufigen
(forelöbige) Gesetze. Die Erörterungen dieser Fragen — wie aller anderen
von größerer Bedeutung — ist von den Verf. durch die Schilderung der
politischen Geschicke in den Prüzedenzfüllen und deren juristische Be-
leuchtung sehr lebendig gestaltet, ein Verfahren, das die meisten auslän-
dischen staatsrechtlichen Darstellungen von vielen unserer deutschen so
sehr abhebt. — Im Kapitel von der inneren Verwaltung finden wir ein für
unser modernes stantsrechtliches Denken höchst merkwürdiges Rechtsin-