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Nachdem die Kammer die Berathung und den Druck dieser Motion, trotz der
zerstbrenden Tendenz derselben, beschlossen hatte, erkannten Wir es als dringende
Pflicht, die Gewissenhaftigkeit der Kammer in Zeiten auf die gefährlichen und falschen
Schritte aufmerksam zu machen, zu welchen man sie hinzureißen versuchte. Wir muß-
ten Uns hiezu um so mehr veranlaßt finden, als Wir Kenntniß hatten, daß der er-
wähnte Vortrag keine vereinzelte Erscheinung war, sondern mit einem weit verbreiteten
Plane im Zusammenhang stand.
Das Reseript, welches Wir zu dem Ende an die Kammer erließen, und worin
Wir die Erwartung aussprachen, daß die erwähnte Motion mit verdientem Unwillen
werde verworfen werden, wurde dazu benüßt, die Kammer zu einem ersten, aber ent-
scheidenden Schritt auf der Bahn offener Feindseligkeit gegen die Regierung und den
Bund hinzureißen.
Unter offenbarer Misdeuntung dieses Reseripts, indem das gerechte Befremden,
welches Wir über den verfassungswidrigen Inhalt der Motion ausgedrückt, und das
Vertrauen, welches Wir in Beziehung hierauf gegen die Kammer geäußert hatten,
für eine vorgreifende Einschreitung in den geregelten Gang ihrer Verhandlungen aus-
gegeben wurde, gelang es der oben bezeichneten Partie, durch Stimmenmehrheit eine
Eingabe an Uns durchzusehßen, worin, ohne die Berathung der Hauptsache abzuwar=
ten, der entschiedene Entschluß, der von Uns geußerten Erwartung nicht zu ent-
sprechen, erklärt wurde.
Eine solche Erklärung, in Verbindung mit Allem, was in gleichem Geiste von
Anfang des Landtags an vorgegangen war, mußte Uns die Ueberzeugung aufdringen,
daß aus den Verhandlungen mit der Kammer diejenigen Ergebnisse nicht hervorgehen
können, welche für das Wohl des Landes und die Sicherung einer geordneten Staats-
Verwaltung erforderlich sind, und welche ohne gegenseitiges Vertrauen zwischen Regie-
rung und Ständen nicht gewonnen werden können.
In ernster Erwägung Unserer Regentenpflichten haben Wir Uns daher ent-
schlossen, von dem Uns verfassungsmäßig zustehenden Rechte Gebrauch machend, die
gegenwärtige Stände-Versammlung aufzuldsen und eine neue Wahl der Abgeordneten
des Landes anzuordnen.
Wir legen nun das Schicksal des nächsten Landtages in die Hände der wahlbe-
rechtigten Staatsbürger. Wir thun es mit vollem Vertrauen zu einem Volke, das