60 Jas Veutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 22.—28.)
Ztg.“, Abg. v. Hammerstein, wird zu 3 Jahren Zuchthaus
und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt (vgl. Jahrg. 1895 S. 164).
22. April. (Berlin.) Der Reichskanzler erläßt eine Ver-
fügung über die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit und der Dis-
ziplinargewalt gegenüber den Eingeborenen für die deutschen Schutz-
gebiete in Ostafrika, Kamerun und Togo.
23. April. (Preußen.) Das Abgeordnetenhaus verweist
die Vorlage zur Errichtung von Getreidelagerhäusern an die Bud-
getkommission. Die meisten Parteien sprechen sich günstig über
den Entwurf aus.
24. April. (Preuß. Abgeordnetenhaus.) Erste Beratung
des Gesetzentwurfs über die Organisation der Handelskammern.
Der Entwurf bezweckt, obligatorische, das ganze Staatsgebiet um-
fassende Handelskammern zu schaffen. Die Errichtung und Bezirksbegrenzung
erfolgt durch den Handelsminister, bestehende leistungsfähige Handels-
kammern werden aufrechterhalten. Wahlrecht und Beitragspflicht sind von
der Eintragung als Firmeninhaber in das Handelsregister und von der
Veranlagung zur Gewerbesteuer abhängig. Die Zuständigkeit der Kammern
wird dahin erweitert, daß sie sich über die Maßregeln der Gesetzgebung
und Verwaltung zu äußern haben, welche die allgemeinen Interessen von
Handel und Gewerbe oder die besonderen Interessen der Handel= und Ge-
werbetreibenden berühren. Die Kammern erhalten die Rechte einer juristi-
schen Person.
Abg. Stengel (frkons.) hat Bedenken gegen die Vorlage, weil sie
Industrie und Handel in großen Bezirken von ganz verschiedenem Interesse
zusammenschweißen wolle. Abg. v Eynern (ul.) und Abg. Gothein (freis.
Vg.) halten sie für nicht notwendig, während Abg. Kircher (.3.) auf eine
Verständigung hofft. Die Vorlage geht an eine Kommission von 21 Mit-
gliedern.
24. April. (Sachsen.) Vereinigung der antisozialistischen
Parteien.
Um das Zusammengehen bei den Wahlen gegen die Sozialdemokraten
zu erleichtern, setzen die konservative, nationalliberale und fortschrittliche
Partei eine gemeinsame Vertretung, den Seniorenkonvent ein, dem
Mitglieder aller drei Parteien angehören.
28. April. (Berlin.) Prof. Dr. Heinrich von Treitschke,
kgl. preuß. Hofhistoriograph, 61 Jahre alt, f.
Bgl. über ihn, Max Lenz, „Preuß. Jahrb.“ Bd. 84 S. 526; Fr.
Meinecke, Histor. Ztschr. N. F. Bd. 41; Erich Marcks, Deutsche Zeitschr.
f. Geschichtswissenschaft N. F. I. 1; G. Schmoller, Sitzungsberichte der Ber-
liner Akademie; P. Bailleu, Deutsche Rundschau 1897, 1.
Der Kaiser, die Kaiserin, der Großherzog von Baden
senden folgende Telegramme an die Hinterbliebenen:
„An dem schmerzlichen Verluste, welchen Sie und die Ihrigen durch
das Ableben Ihres Herrn Vaters erlitten, nehme Ich wärmsten Anteil.
Ich werde nie vergessen, wie der Verewigte als gottbegnadeter Geschichts-