Rusland. (Dezember 11.) 779
11. Dez. Absetzung der Auslandsvertreter.
„Utro Rossii“ veröffentlicht folgenden Erlaß Trotzkis: Da die Bot-
schafter und Gesandten Rußlands im Auslande auf die Telegramme und
Radiogramme des Rats der Volkskommissare bezüglich der Aufforderung,
unter ihrer Leitung weiter zu arbeiten, keine Antwort gegeben haben,
werden sie ohne Recht auf Pension oder Wiedereinstellung ihrer Aemter
enthoben. Es folgt eine lange Liste der entlassenen Beamten, u. a. Nabokow
(London), Krupenski (Tokio), Bachmetjew (Washington) und Giers (Rom).
11. Dez. Vertagung der Eröffnung der Verf. Versammlung.
Die Eröffnung der Verf. Versammlung, für die die Prov. Regierung
den 11. Dez. festgesetzt hatte, wird auf unbestimmte Zeit verschoben, da die
Räteregierung am 10. die zur Eröffnung notwendige Zahl der anwesenden
Mitglieder auf 400 festgesetzt hatte. Bis jetzt sind aber erst 175 Wahlergebnisse
bekannt. Von Vertretern der Kadettenpartei wird ein Versuch gemacht, die
Eröffnung gegen den Willen der Regierung zu erzwingen.
Der Rat der Volkskommissare benutzt den Vorfall, um am 12.
in folgendem Aufruf zum Kampf gegen die Feinde der Revolution im
Innern aufzurufen: An alle jene, welche leiden und ausgenützt werden!
Die von der Kadettenpartei geführte Bourgeoisie hat für den Augenblick
des Zusammentretens der Verf. Versammlung alle Kräfte für einen gegen-
revolutionären Schlag vorbereitet. Kornilow, Kaledin und Dutow haben
im Ural und im Dongebiet die Fahne des Bürgerkrieges gegen die Sowjets,
die Vertreter der Bauern, Arbeiter und Soldaten entrollt. Bogajewski,
die rechte Hand Kaledins, erklärt offen, daß die Erhebung auf direkte Auf-
sorderung der Kadettenpartei ins Werk gesetzt worden sei, die seit langem
mit der gegenrevolutionären Partei in offizieller Verbindung steht, indem
sie sie mit Geld und anderen Mitteln unterstützt. Bei Bielgorod haben die
ersten Zusammenstöße zwischen den revolutionären Truppen und einer Ab-
teilung der bürgerlichen Verschwörer stattgesunden. So ist der Bürgerkrieg
direkt durch die Initiative und unter der Leitung der Kadettenpartei aus-
gebrochen und vereinigt alle gegenrevolutionären Kräfte zu einem politischen
Faktor. Dieses Unternehmen, das die Friedensfrage und alle Errungen-
schaften der Revolution unmittelbar bedroht, stellt sich unter die Aegide
der Verf. Versammlung. Das Zentralkomitee der Wahlkommission hat hinter
dem Rücken der Sowjels gearbeitet und die Wahlergebnisse verheimlicht,
um den Mißerfolg der Kadetten zu verschleiern, bis die Verschwörung Mil-
jukows, Kaledins, Kornilows und Dutows Erfolg haben würde.
Der Rat der Volkskommissare hat die Eröffnung der Konstituante für
jenen Zeitpunkt angesetzt, in dem die Hälfte der Mitglieder, das ist 400,
versammelt sein werden. Dieser Beschluß ist das beste Dementi der bös-
willigen Verleumdungen, welche behaupteten, daß der von den notleidenden
Klassen des ganzen Landes unterstützte Rat der Volkskommissare die Kon-
stituante nicht einberufen wolle. Die Bourgeoisie hat die gesetzmäßige Ein-
berufung der Volksvertretung nicht mehr abwarten können. Eine Handvoll
Leute, die sich als Abgeordnete ausgaben, ohne ihre Legitimation vorzu-
weisen, haben gestern abend, begleitet von Mitgliedern der Weißen Garde,
Junkern und einigen Tausend Bourgeois, Beamten und Saboteuren, die
Tore des Taurischen Palais gestürmt. Die Bemühungen der Kadettenpartei
waren darauf gerichtet, der gegenrevolutionären Bewegung Kaledins und
Kornilows den Schein sogenannter Legitimität zu verleihen. Die Stimmeß
von einigen Dutzend Bourgeois sollten die Stimme der Konstituante sein;
das waren die Absichten der Kadetten. Der Rat der Volkskommissare setzt
die ganze Bevölkerung von dieser Verschwörung in Kenntnis. Alle Er-