26 Bie Ssterreichisch-ungerische Menarc#ie. (Februar 9.)
rechtsreform geschaffen worden sei, den Standpunkt einnehme, das Land
dürfe nicht einen Schritt weitergehen, solange diese Reform nicht die Feuer-
probe bestanden habe. Es gab eine Zeit, da niemand in diesem Lande
seine Stimme gegen den Wahlrechtsradikalismus erhob, bloß Redner, der
allerdings selbst nicht glaubte, daß es ihm gelingen werde, diese nationale
Gefahr abzuwenden. Auch er hätte diese Don Quichotte-Rolle nicht über-
nommen, wenn er nicht überzeugt gewesen wäre, daß der Wahlrechtsradi-
kalismus für die ung. Nation einen schrecklichen Schlag bedeute. Man
könne nicht sagen, daß eine Wahlrechtspolitik übertrieben konservativ sei.
welche die Anzahl der Wähler auf einen Schlag um 50 bis 60 Proz. er-
höht, welche neue Volksschichten in die Schanzen der Verfassung aufnimmt
und eine automatische Erhöhung der Wählerzahl in dem Maße statuien,
als sich das allgemeine Bildungsniveau hebt. Die von unserem Wahlrecht
aufgestellten Schranken der Altersgrenze und der erfolgreichen Absolvierung
der sechs Elementarklassen vertragen sich mit dem Kriterium des allgemeinen
Wahlrechtes. Man möge nicht so leicht den Stab brechen über die Alters-
grenze. Diese sei seiner Ansicht nach die richtigste Korrektur jener Gefahren,
welche das allgemeine Wahlrecht überall in Europa in sich birgt, besonders
bei uns. Redner polemisiert gegen die Ausführungen der Vorredner und
sagt, das Volk im Schützengraben kämpfe für den blutgedüngten Boden
dieses Landes, damit er nicht in fremde Hände gerate, und das Volk im
Schützengraben werde gewiß selbst am heftigsten gegen die Auffassung pro-
testieren, welche von zu bezahlenden Rechnungen, Forderungen und Gegen-
diensten spreche. Der Begriff der Rechnung sei nicht würdig der Gesinnung
des Volkes des Schützengrabens. Das ung. Volk verteidige ohne Unterschied
der Klasse und des Ranges das Vaterland, und er müsse dagegen pro-
testieren, wenn man hier die Sache so darstelle, als ob die Nation von
den Massen der Rechtlosen verteidigt werde. Wir alle zusammen verteidigen
die Nation. Er begreife, wenn die Herren dies nicht gerne hören. Nie-
mand kenne das ung. Volk besser als er, der den größten Teil seines
Lebens unter dem ung. Volke verlebt habe. Es gehe nicht an, die Alters-
grenze bloß zugunsten derjenigen zu verschieben, welche wegen ihrer phy-
sischen Eignung zum Militär eingereiht wurden. Wenn wir der Sache der
Demokratie einen Dienst leisten wollen, dann müssen wir das politische
Niveau heben und dafür sorgen, daß die allgemeine Schulpflicht zu einer
lebendigen Wahrheit werde. Es wäre ein Irrtum, zu glauben, daß die
Interessen des Volkes unter allen Umständen das demokratischste Wahl-
recht erheischen. Das Interesse des Volkes, sagt Redner, das Interesse der
Nation verlangt, daß wir trachten, das allgemeine materielle, geistige und
moralische Niveau zu heben, um auf dieser Basis die Erweiterung der
politischen Rechte aufzubauen. Die leichtfertige Verleihung politischer Rechte
an die hierzu noch nicht reifen Volksschichten kann unmöglich dem Interesse
des Volkes dienen. Das mag ein Interesse der Demagogie derjenigen sein.
welche auf diese Weise ihre verfassungsfeindlichen und antinationalen Pläne
verwirklichen wollen. Solange ich einen Funken Kraft in mir fühle.
werde ich kämpfen, um die Nation vor diesem leichtfertigen
Wahlrechtsradikalismus zu bewahren. (Lebh. Beif. r. Lärm IE.)
9. Febr. (Ung. Abgeordnetenhaus.) Verewigung des An-
denkens der Helden. Bericht betr. Inanspruchnahme von außer-
ordentl. Vollmachten.
Der von der Regierung eingebrachte Gesetzentwurf betr. Verewigu ng
des Andenkens der im gegenwärtigen Kriege für das Vaterland kämpfenden