Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1844. (21)

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II. Von Vermeidung der von den Eltern herrührenden Anlage 
zum Cretinismus. 
) Vorzüglicher Beachtung wertb ist der Keim des Cretinismus, der in der Lebensart 
der Eltern liegt. 
Schon der verkümmerte Nahrungsstand, mit welchem manche Familien und 
Gemeinden zu kämpfen haben, ist als ein solcher Keim zu betrachten, und daher wird Allech 
was zur Verbesserung jenes Nahrungsstandes dient, auf die Tilgung dieses Keims wohlthätig 
einwirken. Ungleich häufiger aber, als unzureichende Nahrung, ist un zweckmäßiger und 
unmäßiger Genuß derselben die Ursache leiblicher und geistiger Entartung. Insbesondere 
ist hier das Laster der Trunkenheit und der tägliche, zur Gewohnheit gewordene Genuß 
des Branntweines hervorzuheben, durch welchen besonders schwächere Naturen der Thal- 
bewohner nur um so sicherer zu Grunde gerichtet werden. In manchen Orten ist der Genuß 
des Branntweins so sehr verbreitet, daß er selbst Kindern und jüngern Leuten gereicht wird · 
Der Nachtheil ist aber nicht blos auf die unmittelbaren Folgen des zur Geivohnheit gewordenen 
Branntwein-Genusses oder eines Uebermaaßes desselben beschränkt, sondern es wirken Excesst 
der Eltern nicht selten höchst nachtheilig auf die von ihnen erzeugten Kinder, namentlich auch 
in Absicht auf cretinische Entartung ein, und somit unter sonst begünstigenden Umständen auch 
auf die Entwicklung einer Familien-Anlage zum Cretinismus, der nun zum Erbtheil mancher 
Familien wird. Es sollte daher der Gewohnheit des allgemeinen Branntweintrinkens besonders 
in denjenigen Orten und Gegenden, in welchen der Cretinismus herrscht, auf alle Weise 
gesteuert, es sollte namentlich von den geistlichen und weltlichen Behörden, so wie vön den 
Lehrern und dem gesammten ärztlichen Personal hierauf hingewirkt und den Mäßigkeitsvereinen 
jeder Vorschub geleistet, auch getrachtet werden, an die Stelle des Branntweines anderes 
gesundes Getränk, z. B. Bier, einzuführen. 
5) Eben so verdient überhaupt der Gesundheits-Zustand derjenigen, die eine 
ebeliche Verbindung eingehen, alle Anfmerksamkeit, um die Besorgniß einer eretinischen 
Entartung bei den von ihnen erzeugten Kindern zu beseitigen. 
Nicht nur Personen, bei denen eine solche Entartung Statt findet, follten an der Fort- 
pflanzung derselben auf Nachkommen gehindert werden, sondern auch das Heirathen von 
Personen, welche mit entschiedenem Siechtbum, wie Druͤsenkrankheit, Epilepsie und anderen, 
unheilbar gewordenen, schweren Nerven-Krankheiten behaftet sind, erscheint bevenklich, gan 
unräthlich aber die Verbindung zweier Personen, welche beiderseits an einem solchen Uebel leiven-
	        
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