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pfohlenen Fortschritte sich zeignen, so darf dieses doch nur auf dem durch vollgültige Ver-
träge vorgeschriebenen Wege und nicht durch Geltendmachung einer absoluten Machtvollkom-
menheit von Seite des einen vertragenden Theils, der Mehrheit der Volksvertreter, und
noch weniger durch die Berufung auf die Herrschaft eines Naturrechts, welches sich Jeder
nach seinen Wünschen und dem Grade seiner Einsicht verschieden bildet, geschehen.
Durch die von der Mehrheit der Versammlung gefaßten Beschlüsse wird Unserer Re-
gierung zugemuthet, den deutschen Bundesstaaten gegenüber eine vollkommen feindselige
Stellung einzunehmen, und jeder erreichbaren Neugestaltung der deutschen Verfassung fern
zu bleiben. Jedem Unbefangenen leuchtet ein, daß eine solche Mißachtung der verbündeten
deutschen Staaten, wie sie von Uns verlangt wird, die nachtheiligsten Folgen für das ganze
Land berbeiziehen müßte, und daß die übrigen deutschen Regierungen die Verletzung der
Milichten, welche sän#tliche deutsche Staaten aus rechtlichen und nationalen Gründen an
einander knüpfen, nicht dulden könnten. Wir sind überzeugt, daß die weit überwiegende
Mebrheit des Volkes nicht einverstanden ist mit der Uns angesonnenen Politik, welche die
Untergrabung des Wohlstandes des Landes zur gewissen Folge hätte und Unserer Regie-
rung jeden Einfluß auf die Ordnung der deutschen Angelegenheiten entziehen müßte. Wir
werden auch fernerhin unter gewissenhafter Beachtung der Stimme des Landes dazu mit-
wirken, daß eine kräftige nationale Einigung Deutschlands erreicht wird, und zu diesem
Zwecke kein eigenes Opfer scheuen. Wir werden aber Anschlägen kein Gehör geben, welche
mit Verkennung der bestehenden Machtverhältnisse auf das Unmögliche gerichtet sind, und
nur zum Verderben des Landes führen können.
Während Jedermann klar ist, daß die Verfassung eines aus achtunddreißig Gliedern
bestehenden Bundesstaats, welche nur von einem einzigen Mitglied anerkannt ist, nicht eristirt,
und daher auch nicht beschworen werden kann, hat die Versammlung Unserer Regierung
in sehr verletzender Weise den Vorwurf eines Bruchs der Gesetze gemacht, weil sie einen
unmöglich gewordenen, widersinnigen Eid nicht schwören ließ.
Das Urthbeil aller derjenigen, welchen der Eid eine heilige Sache ist, hat das Weg-
lassen der Worte „der Reichs-Verfassung“ aus der Eidesformel gebilligt, und ber den Wiver-
spruch der Versammlung gerichtet.
Endlich hat sich in den Berathungen der gegenwärtigen Abgeordneten eine Bitterkeit
kund gegeben, welche jede Aussicht auf eine Vereinigung ausschließt. Der verletzende Ton,
dessen sich manche Mitglieder befleißigten, die maaßlose Tadelsucht, die schroffe Parteistellung,
mußten jeden Erfolg ihrer Wirksamkeit bindern. «
Unter diesen offen vorliegenden Verhältnissen haben Wir Uns genöthigt gesehen, von
dem Uns zustehenden Rechte der Auflösung der Versammlung Gebrauch zu machen und eine
neue Wahl von Abgeordneten des Landes anzuordnen.