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b) Königliche Ansprache an das Volk.
Württemberger!
Durch die außerordentliche, höchst bedenkliche Lage Deutschlands zu militärischen Rü-
stungen genöthigt, welche sowohl zum Schutze des eigenen Landes als zur Erfüllung der
Pflichten gegen den deutschen Bund unabweislich geworden sind, waren Wir in der Lage,
bei der Landesversammlung das Ansinnen stellen zu lassen, zu Anschaffung des unumgäng-
lichsten Bedarfs an Pferden für Artillerie und Fuhrwesen die Summe von 300,000 fl. zu
verwilligen.
Die Landesversammlung hat aber hiebei ein Verhalten gezeigt, welches Uns unmöglich
machte, mit derselben weiter verhandeln zu lassen. Sie hat beschlossen, nicht nur die ange-
sonnene Verwilligung als formell und materiell unbegründet abzulehnen, sondern
auch gegen jeden Aufwand zu protestiren, welcher sich durch die fraglichen Kriegsrüstungen
ergeben sollte, indem sie nur zu den Kosten einer in den Augen jedes Unbefangenen voll-
kommen unausführbaren bewaffneten Neutralltät ihre Erwägungen in Aussicht
stellte.
Dieses Verfahren ist nicht nur im direktesten Widerspruch mit Unseren Rechten und
Pflichten als Mitglied des deutschen Bunves, sondern bedroht auch so offenbar die Interessen
Unseres Landes, daß es einer näheren Beleuchkung in der That nicht bedarf. Nur völlige
Unkenntniß der Verhältnisse oder übler Wille können sich verbergen, daß der Uns angeson-
nene Schritt eine feindliche Besetzung des Landes mit allen sie begleitenden Uebeln in un-
mittelbare Aussicht gestellt hätte.
Dazu kam, daß nach den bereits vorliegenden Berichten der Verfassungs-Commission
über sehr wichtige Abschnitte der Verfassung solch' unversöhnliche Gegensätze mit Unserem
Verfassungsentwurf sich herausstellten, daß an eine Vereinbarung mit dieser Versammlung
nimmermehr zu denken war.
Wir mußten daher abermals zur Auflösung schreiten, und da das Gesetz- vom 1. Juli
v. J., welches überhaupt nur einen transitorischen Charakter haben konnte, offenbar nicht
mehr angewendet werden kann, nachdem die Theilnahmlosigkeit an den nach diesem Gesetz
vorzunehmenden Wahlen in einem steigenden Maaße sich herausgestellt hatte, so bleibt nach
Erwägung aller thatsächlichen und rechtlichen Bejiehungen kein anderer Weg übrig, als