Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

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Zu einer vorläufigen Verfügung ist hier bei schwurgerichtlich erkannten Strafen 
die Raths= und Anklagekammer, bei andern die Strafkammer des Kreisgerichts oder 
das Oberamtsgericht befugt, welches dieselben verhängt hat. 
Art. 483. 
Wird einem Verurtheilten nach wiederaufgeuommenem Verfahren eine schwerere 
Strafe zuerkaunt, so ist bei Bemessung derselben das bereits erlittene Strafübel 
abzurechnen. 
An die Stelle der Todesstrafe tritt lebenslängliche Zuchthausstrafe wenn die schon 
erstandene Freiheitsstrafe mindestens vier Jahre beträgt. 
Art. 484. 
Wird der Verurtheilte, dessen Urtheil öffentlich bekannt zu machen war, nunmehr 
freigesprochen, so ist auch die Veröffentlichung des zweiten Urtheils zu verordnen. 
Einem Verurtheilten, dessen Schuldlosigkeit an den Tag kommt, ist der von ihm 
nicht verschuldete Schaden durch die Staatskasse zu ersetzen, vorbehältlich des Rückgriffs 
au die Schuldigen. 
IV. Allgemeine Bestimmungen in Betreff der Rechtsmittel. 
Art. 485. 
Die einfache und die Nichtigkeitsbeschwerde kann auch von dem Vater, dem Ehe- 
gatten und dem Vormund des Beschuldigten Namens desselben eingewendet werden. 
Dem Vater oder Vormund eines noch nicht 16 Jahre alten Beschuldigten ist dieß 
selbst wider des Letzteren Willen gestattet. 
Die Fristen für Einwendung der Rechtsmittel werden hier von demselben Tage an 
berechnet, mit welchem sie dem Beschuldigten zu laufen beginnen, und für Gesuche um 
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen ihren Ablauf dient Art. 239 zur Richtschnur. 
Zu einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sind die Verwandten in 
gerader Linie, die Geschwister, der Ehegatte und der Vormund des Verurtheilten ermäch- 
tigt. Diese Befugniß steht denselben auch noch nach dem Tode des Letzteren zu, wenn 
er in Folge des Urtheils seine bürgerlichen Ehrenrechte eingebüßt hat. 
Können Erben eines Verurtheilten ein namhaftes vermögensrechtliches Interesse 
geltend machen, so sind sie gleichfalls zu Stellung jenes Antrags berechtigt. 
Art. 486. 
Ergeben sich dem Cassationshofe aus Anlaß einer bei ihm erhobenen Nichtigkeits-
	        
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