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Art. 6.
Für die Oberamtsgerichte und die Civilkammern der Kreisgerichtshöfe bleiben die
Vorschriften des letzten Absatzes des Art. 9 der Civ.-Pr.-O. in Kraft.
Im Verhältniß zwischen dem Landesoberhandelsgericht und der Civilkammer des
Obertribunals als Gerichten zweiter Instanz wird die Zuständigkeit durch die Klagbe-
gründung bestimmt. Sind in Folge der Verbindung mehrerer Ansprüche in einer
Klage eine Handelsstreitsache und eine andere Rechtsstreitigkeit Gegenstand eines Ur-
theils geworden, und ist sodann über beide Ansprüche in zweiter Instanz zu entscheiden,
so ist für sbeide die Gerichtsbarkeit des Landesoberhandelsgerichts begründet. Ist eine
Widerklage erhoben worden, und über dieselbe in höherer Instanz zu entscheiden, so
wird auch durch die Begründung der Widerklage die Zuständigkeit des Landesoberhandels-
gerichts für alle diejenigen Fälle bestimmt, in welchen wegen der Beschaffenheit des
durch die Widerklage verfolgten Anspruchs, ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Beschrän-
kungen bezüglich des Streitwerths, das Bundesoberhandelsgericht angerufen werden kann.
Findet das Landesoberhandelsgericht, daß in einer bei ihm angebrachten Sache
nicht seine Gerichtsbarkeit, sondern diejenige der Civilkammer des Obertribunals zutreffe,
so sind die Acten der letzteren vorzulegen, welche in berathender Sitzung über die Ge-
richtsbarkeit entscheidet.
Auch der Beschluß der Civilkammer des Obertribunals, daß eine bei ihr angebrachte
Sache vor das Landesoberhandelsgericht gehöre, ist für das Landesoberhandelsgericht
bindend.
Beschlüsse, durch welche das eine und andere Gericht über die Gerichtsbarkeit in
einer bei ihm angebrachten Sache entscheidet, können in berathender Sitzung gefaßt werden.
Das Gericht, welches in der Hauptsache entscheidet, erkennt auch über die in der-
felben Instanz bei dem andern Gericht aufgelaufenen Prozeßkosten.
Kein Urtheil kann aus dem Grunde als nichtig angefochten werden, weil anstatt
des Landesoberhandelsgerichts die Civilkammer des Obertribunals oder anstatt der letzteren
das erstere zu entscheiden berufen gewesen wäre.
Die Bestimmung des Abs. 5 des gegenwärtigen Artikels findet auch auf die von
der Civilkammer des Obertribunals nach Maaßgabe des §. 21 des Reichsgesetzes vom
12. Juni 1869 zu fassenden Beschlüsse Anwendung.