465
Art. 8.
Nachdem in den von der Ehe= und Ehegerichts-Ordnung Theil II Cap. 10 S. 1
vorgesehenen Fällen auf zeitliche Trennung der Ehegatten zu Tisch und Bett für bestimmte
Zeit erkannt worden ist und solche während dieser Zeit stattgehabt hat, kann auf den
Antrag des unschuldigen Theils, anstatt der nach bisherigem Rechte begründeten weiteren
zeitlichen Trennung, die Scheidung der Ehe dem Bande nach ausgesprochen werden, wenn
in Folge der demselben von Seiten des andern Gatten zugefügten schweren Unbilden
ernstliche Gefährdung seiner Person bei fernerem Zusammenleben dringend zu besorgen
oder aus gleichem Grunde mit hoher Sicherheit vorauszusehen wäre, daß ihm fortgesetzt
eine schlechte und pflichtwidrige, mit der Ehe durchaus unvereinbare Behandlung von
Seiten des andern Gatten bevorstände.
Art. 9.
Die Vorschriften der Art. 6—8 finden nur auf solche Ehestreitigkeiten Anwendung,
welche nach den für Ehesachen der Protestanten geltenden Rechtsgrundsätzen zu beurtheilen
sind.
Art. 10.
Das Verfahren in Ehestreitigkeiten (Art. 5) richtet sich nach der Civilprozeßordnung
vom 3. April 1868 und den näheren Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes.
Die Bestimmung des Art. 65 des K. Hausgesetzes vom 8. Juni 1828 bleibt un-
berührt.
Art. 11.
Im Sinne des gegenwärtigen Gesetzes ist unter Ehescheidungsklage zu verstehen die
Klage auf Trennung der Ehe dem Bande nach, oder auf zeitliche Trennung von Tisch
und Bett, unter Ungiltigkeitsklage die Klage auf Anfechtung der Ehe aus einem Grunde,
welcher nicht von Amtswegen geltend gemacht werden kann, unter Nichtigkeitsklage die
Klage auf Anfechtung der Ehe aus einem Grunde, welcher auch von Amtswegen geltend
gemacht werden kann.
Art. 12.
Für Ehestreitigkeiten ist die Civilkammer des Kreisgerichtshofs, in dessen Sprengel
der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zuständig.
Gegen den Ehemann, welcher seine Ehefrau verlassen und keinen Wohnsitz innerhalb
des Deutschen Reichs hat, kann von der Ehefrau die Klage bei dem Gericht seines letzten