242 Daos deuische Reich und seine einzelnen Glieder. (Oct. 9—10.)
(1882 und 1883) eine bessere sein werde als in der XV., so werde diese
Besserung doch nie so weit reichen, daß man die Erhöhung des Malzauf-
schlags entbehren könne. Der gegenwärtige Zeitpunct sei einer der aller-
wichtigsten im Finanzleben des bayerischen Staates; wenn jetzt eine mäßige
Erhöhung der Steuern eintrete, so werde wieder eine solide Basis geschaffen.
Neue Schulden zur Vestreitung der laufenden Ausgaben werde
er nicht machen, das mögen andre Leute khun.
9. October. (Deutsches Reich.) Der Reichskanzler geht
nach Varzin, um bis zur Eröffnung des Reichstags dort zu bleiben.
9. October. (Preußen.) Die evangelische Generalsynode
wird durch den Präsidenten des Oberkirchenrathes Hermes eröffnet.
Die Mitglieder der Synode sind fast vollzählig erschienen. Am
Regierungstische sind anwesend der Cultusminister v. Puttkamer und
einige Commissarien des Ministeriums und des Oberkirchenrathes.
In der Eröffnungsrede werden Vorlagen über die Trauungsordnung
und ein Gesetzentwurf über die Verletzung kirchlicher Pflichten, welche
beide in Folge der veränderten Rechtslage als unaufschiebliches Be-
dürfniß erschienen, angekündigt. Zum ersten Präsidenten wird durch
Acclamatkion Graf Arnim-Boytenburg, zum Vicepräsidenten mit 114
gegen 65 Stimmen Superintendent Rübsamen gewählt.
10. October. (Preußen,) Der Gegenfaßtz in den Anschau-
ungen des neuen Cultministers v. Puttkamer zu denjenigen seines
Vorgängers Falk tritt endlich in Thatsachen und zwar sofort ziemlich
grell zu Tage. Der nene Cultminister ist ein entschiedener Anhänger
der confessionellen Schule und ein Gegner des Princips der Simultan-
schulen. Er will daher keine neuen Simultanschulen gestatten und
selbst da, wo zu ihrer Einführung schon alles vorbereitet und ein-
geleitet ist, muß es wieder rückgängig gemacht werden, wie in Elbing
und an andern Orten, sobald auch nur eine kleine Minderheit sich
dafür an ihn wendet.
Der Fall in Elbing namenilich macht großes Aufsehen. Vor zwei
Jahren wurde mit Genehmigung des Ministers und der kal. Regierung die
Simultanisirung der Mädchenschulen vollendet. Unter steter Kenntnißgabe
an die Regierungsbehörden und unter ausdrücklicher Genemigung derselben
arbeitete seitdem der Magistrat daran, auch die Kuabenschulen in paritätische
Anstalten umzuwandeln. Unter Aufwendung bedeutender Geldmittel erbaute
die Stadt eine Bezirksschule nach der anderen. Endlich am 9. Oktober sollte
der formell Abschluß des Werkes durch Einweihung der lethzten Bezirks-
Knabenschule stattfinden. Sämmtliche Kinder sind vor den Ferien umgeschult,
wei katholische Lehrer sind unter Genehmigung der k. Regierung zur Durch-
sürung der Parität neu angestellt, eine Verschiebung und theilweise Beför-
derung hat unter dem gesammten Lehrerpersonal stattgefunden, da kommt
von dem Cultusminister v. Puttkamer telegraphisch die Anordnung: „die für
beute bellimmte Einweihung der letzten Bezirksschule und die mit dieser Feier-
ichkeit beendete Durchführung des Systems paritätischer Schulen zu sistiren.“
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