Metadata: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1828. (5)

  
Cart Johannes Fuchs, Denkmalpflege und Heimatschutz. 
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weiteren Rahmen des Heimatschutzes umspannende „Verunstaltungsgesetz”” (s. u.) geschaffen, 
in welches die Denkmalpflege mit eingeschlossen Ist. 
Die Ausübung der so gesetzlich geregelten Denkmalpflege durch die Denkmälerorga- 
nisation ist innerhalb des Deutschen Reiches ebenfalls eine sehr vıelgestaltige. In Preussen 
hat eine weitgehende Dezentralisation der Denkmalpflege den größeren Teil der Arbeit ın dıe Provin- 
zen verlegt, den ‚„Provinzialkonservatoren’ übertragen. Das gleiche System besteht ın Hessen, 
Oldenburg und Baden. Demgegenüber hat Bayern eine stark zentralistisch gebildete Organısation 
in seinem „Generalkonservatorium”, ähnlich Württemberg mit seinem ‚„Landeskonservator”. 
Innerhalb dieser äusserlichen Entwickelung der Denkmalpflege hat sich aber dabei in ihrem 
inneren Wesen in den letzten 25 Jahren eine tiefgreifende Wandlung vollzogen: nämlich die voll- 
ständige Abkehr von der namentlich in den 60er Jahren herrschenden Restaurierungssucht, einer 
Frucht des Historismus auf dem Gebiete der Kunst. Diese Wandlung verdanken alle Kulturländer 
in letzter Linie dem energischen Auftreten des temperamentvollen englischen Asthetikers John 
Ruskin, der die „Society for the Protection of ancient buildings” ins Leben rief, sie ıst aber 
in Deutschland ganz besonders auch das Verdienst der freien wissenschaftlichen, aber vom Staate 
unterstützten Organisation, welche die Denkmalpflege hier — und zwar für ganz Deutschland 
— in dem jährlich abgehaltenen „Tagfür Denkmalpflege’ seit dem Jahre 1898 gefunden hat, und 
aus welcher besonders jenes hessische Gesetz hervorgegangen ist. Schon auf dem ersten Denkmal- 
tag erhob Cornelius G urlitt die für die moderne Denkmalpflege charakteristische Forderung, 
dass auch ın der Denkmalpflege, in der Arbeit an den Denkmälern, die lebendige Kunst das Haupt- 
wort zu sprechen habe. 
Auch in Ruskins Geiste ist aber gleichzeitig neuerdings eine grosse Ausdehnung der Denk- 
malpflege erfolet: nämlich zunächst ihre Ausdehnung auf die sogenannten ‚„Naturdenkmäler’, 
worin Preussen nach den Vorschlägen von Conwentz — die übrigens schon unter dem Einfluss 
des „Heimatschutzes’” standen — führend vorangegangen ist, indem es nach mancherlei Verord- 
nungen schliesslich eine „Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege‘“ ge- 
schaffen hat. Auch das hessische Denkmalschutzgesetz hat die Naturdenkmäler bereits mit ein- 
begriffen, und auch in Frankreich ist diese Ausdehnung wie oben gezeigt neuerdings erfolgt. Dann 
aber hat sich der Denkmalschutz, wie vor allem in den Verhandlungen der letzten Denkmaltage 
hervortritt, auch bezüglich der Kunstdenkmäler immer mehr ausgeweitet, indem er von den hervor- 
ragenden Schöpfungen der grossen Kunst auch zu den weitverbreiteten alltäglıchen Dingen, vom 
einzelnen Bauwerk zu seiner Umgebung und zum ganzen Stadtbild, von der Stadt zum Dorf und 
zur Pflege der ‚heimischen Bauweise’ fortschritt. Aber dies geschah erst in den letzten Jahren 
unter dem Einfluss und zunächst in Konkurrenz mit einer neuen umfassenderen Kultur- 
bewegung: der des ‚„Heimatschutzes.“ 
Der Heimatschutz ist im letzten Jahrzehnt als jüngerer Bruder, der die ältere Schwester 
jetzt schützend mitumfasst, neben die Denkmalpflege getreten. Das Wort wurde von dem Musiker 
Ernst Rudorff, Professor an der Königlichen Hochschule für Musik ın Charlottenburg, mit seinen 
ım Sommer 1897 ın den „Grenzboten” unter diesem Titel erschienenen Aufsätzen, welche dann 
erweitert in Buchform veröffentlicht wurden, geschaffen und hat seitdem wıe die damit bezeichnete 
Bewegung einen Siegeszug durch die ganze Kulturwelt angetreten. Die wichtigsten Grundgedanken 
sind aber schon in einem älteren Aufsatz des Verfassers ‚‚Über das Verhältnis des modernen Lebens 
zur Natur‘ enthalten, welcher 1880 ın den Preussischen Jahrbüchern erschienen Iıst. 
Der ‚‚Heimatschutz‘‘ in diesem Sinne bezweckt die Erhaltung der historischen und natürlichen 
Schönheit unserer Heimat. „Er erweitert den Denkmalbegriff auf die Werke der volkstümlichen 
Kunst. Er umfasst mehr noch als Einzelwirkungen die Gesamtwirkungen, die charakteristische 
Erscheinung der Heimat überhaupt, die er als Gesamtdenkmal auffasst, also das von der Natur 
geschaffene Landschaftsbild ebenso wie das vom Menschen geformte Ortsbild. Und da der Mensch 
selbst wıe seine Wohnstätte und die Natur, die ihn umgibt, Einflüssen ausgesetzt ıst, dıe seine 
bodenständige Eigenart verderben und verwischen, so ist die Volkspersönlichkeit selbst, dıe Er- 
haltung ihrer Eigenart in Hausrat, Brauch und Tracht, in Dichtung, Lied und Tanz, Gegenstand 
des Heimatschutzes. Vielverbreitet war seit langem die Wertschätzung des Altertümlichen, aber 
Handbuch der Politik. II. Auflage. Band II. 1l 
   
 
	        
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