636 Norwezen. (Mai 4.—Juni 2.)
Der Rücktritt des Ministers ist dadurch veranlaßt, daß das Odels-
thing am Vortage einen vom Minister warm befürworteten Entwurf eines
Preßgesetzes abgelehnt hat, das jede Art politischer Verhetzung, die die
Neutralität Norwegens gefährden könnte, unter Strafe stellte.
4. Mai. Deutsches Freigeleit.
Das „W#TB.“ teilt mit: „Es stellt sich nun heraus, daß ein Fehler
beim Telegraphieren daran schuld war, daß die Meldung über das deutsche
Freigeleit für die neutralen Schiffe am 1. Mai (s. Tl. 1 S. 457) zu spät
nach Norwegen gelangte, so daß kein norw. Schiff davon Gebrauch machen
konnte. Die Depesche der deutschen Regierung traf in Christiania in so
verstümmeltem Zustande ein, daß der deutsche Gesandte gezwungen war,
eine Wiederholung des Telegramms in Berlin zu erbitten.
9.—1. Mai. Ministerkonferenz in Stockholm. (S. S. 609 f.)
9. Mai. (Staatsrat.) Neutralitätsunkosten.
Der Staatsrat beschließt die Einbringung von Vorlagen über Gut-
heißung der 1916 getroffenen Schritte zur Wahrung der Neutralität Nor-
wegens, ferner über die Ermächtigung der Regierung, für den Zeitraum
vom 1. Febr. bis 30. Juli 1917 zur Wahrung der Neutralität 12 Mill. Kr.
zu verwenden sowie 6 Mill. zur Deckung der früher vom Storthing beschlos-
senen Ausgaben zur Wahrung der Neutralität.
15. Mai. Die Soz. für unbedingte Neutralität.
„Socialdemokraten“ veröffentlicht einen von der Landesarbeiterorgani-
sation, den Gewerkschaften und der soz. Storthingsfraktion gemeinsam ge-
faßten Beschluß, der gegen die von der Regierung beantragten Bewilligungen
für militärische Zwecke Protest erhebt, da alle verfügbaren Mittel zur
Minderung der fürchterlichen Teuerung notwendig seien. Weiter wird er-
klärt, daß die militaristischen Kräfte in Norwegen mit ihrer Rüstungspolitik
zusammen mit dem leichtsinnigen aktivistischen Geschwätz in einem Teil der
bürgerlichen Presse eine andauernde Gefahr für die Neutralität Norwegens
seien. Deshalb werde die organisierte Arbeiterschaft ihre ganze organisatorische
Kraft einsetzen und alle Mittel aufbieten, um Schritte zu verhindern, die
das Land in den Krieg hineinziehen könnten.
16. Mai. Aufbringung des norw. Dampfers Thorunn“ vor
dem Langesundfjord durch ein deutsches U-Boot. (S. ferner 12. Juni.)
17. Mai. Ausfuhrverbot für Schiffe.
Die Regierung erläßt ein Ausfuhrverbot für Schiffe, die noch nicht
registriert worden sind oder noch kein norw. Nationalitätszeugnis erhalten
haben. Das Verbot tritt sofort in Kraft. Ein früheres Verbot umfaßte
die registrierten Schiffe, sowie Schiffe mit einem Nationalitätsausweis.
2. Juni. Fall Gamma.
„Norsk Telegrambureau“ meldet darüber amtlich: Der ohne Ladung
fahrende deutsche Dampfer „Gamma"“, von Emden nach Narvik unter-
wegs, mit einem norw. Lotsen an Bord, wurde am 2. Juni 10 Uhr vor-
mittags in der Nähe von Jäderrauna durch das Signal von drei engl.
Kriegsschiffen, welche vom Meere in großer Fahrt einliefen, angehalten.
Der Kapitän gibt an, daß sich dies eine halbe Seemeile von Rauna er-
eignete, was der Lotse bestätigte. Nach weiterer Angabe des Kapitäns hat
dieser selbst den Dampfer bei dem Kvassheimleuchtturm auf Grund gesetzt,
worauf ein Boot von den Kriegsschiffen längsseit kam. Als der Kapitän
sich weigerte, die Leiter herunter zu lassen, schoß der Offizier vom Boote