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§ 35.
Schützt ein Verurteilter gegen die Beitreibung der Geldstrafe die Betretung des
Gnadenwegs vor, so ist das Oberamt nur dann ermächtigt, die Zwangsvollstreckung
aufzuschieben, wenn der Verurteilte innerhalb dreißig Tagen von der Eröffnung der
Straffestsetzung an, bezüglich deren er um Begnadigung nachsucht, entweder ein Begna-
digungsgesuch dem Oberamt übergeben hat, oder falls eine andere Behörde z. B. eine
Eisenbahnstelle (vergl. Art. 23 Abs. 1 des Gesetzes vom 12. August 1879, Reg. Bl.
S. 153) den Beibericht zu dem Gnadengesuch zu erstatten hat, sich über die erfolgte Ein-
legung eines solchen durch ein Zeugnis dieser Stelle ausweist. In letzterem Falle hat
sodann das Oberamt sich über den Aufschub in den Akten mittels Beilegung jenes
Zeugnisses zu rechtfertigen.
Würde der Verurteilte in Fällen der letzteren Art innerhalb zweier Monate nach
übergabe des Zeugnisses die Geldstrafe nicht entrichtet haben, so hat die Zwangsvoll-
streckung gegen denselben einzutreten, es wäre denn, daß er sich mit einem weiteren Zeug-
nisse derselben Stelle über das Ausstehen der Entscheidung auf das Begnadigungsgesuch
ausweisen könnte.
§ 36.
Die Anordnung der zwangsweisen Beitreibung einer Geldstrafe kann dann unter-
bleiben, wenn durch ein Zeugnis der Ortsbehörde die Vermögenslosigkeit des Verurteilten
dargetan ist.
In einem Konkursverfahren sind Geldstrafen nicht anzumelden.
Wegen der Beitreibung von Geldstrafen und des Vollzugs von Einziehungen durch
Vermittlungder Behörden anderer Bundesstaaten wird auf das Reichsgesetz vom 9. Juni 1895
(Reichs-Gesetzbl. S. 256) verwiesen.
§ 37.
Kann die Geldstrafe auf dem Weg der Zwangsvollstreckung nicht beigetrieben
werden und zwar, wenn ein Dritter haftet, auch von dem Mithaftenden nicht, so ist die
Haftstrafe, welche an Stelle der Geldstrafe festgesetzt worden oder, soweit zulässig, noch fest-
zusetzen ist, zu vollziehen, worüber auch im Geldstrafenverzeichnis Vormerkung zu
machen ist.