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ziehung, nämlich der Differenzierung der einzelnen (substantiellen)
Hoheitsrechte unter die mehreren (potentiellen) Träger derselben,
Reich und Einzelstaaten: Vielmehr ist auch nach unserer An-
sicht das Zuständigkeitsverhältnis zwischen Reich
und Einzelstaaten kein absolutes, sondern ein
relatives, nämlich von der Verfassung abhängiges, weil durch
sie bestimmtes; diese aber ist keine ewig gleichgestellte Uhr,
sondern ein Kompaß mit beweglichem Zeiger, der zwarstets
eine bestimmte, aber nieht immer die gleiche
Richtung angibt. —
Nachdem wir im Vorhergehenden die Angriffe LABANDs und
SEYDELs auf die von uns vertretene Ansicht vom Wesen des zu-
sammengesetzten Staates im einzelnen zu widerlegen versucht
haben, obliegt es uns nunmehr — in abschließender Zusammen-
fassung — unseren Standpunkt nochmals kurz zu präzisieren:
Wir sehen das Wesen des zusammengesetzten Staates nicht
mit: LABAND (a. a. O. S. 59) in der Mediatisierung der Einzel-
staaten, sondern vielmehr in ihrer Absorption von gewissen staat-
lichen Hoheitsrechten, bzw. in ihrer Ablösung in deren substan-
tieller Ausübung durch den Gesamtstaat; m. a. W. der zusammen-
gesetzte Staat, dessen Unterart eben der Bundesstaat ist, erscheint
uns als das konstante (kollegiale) Nebeneinander
mehrerer (souveräner) Staaten innerhalb eines
räumlich abgegrenzten Gebiets (sog. Staatsgebiets,
Territoriums) dergestalt, daß jede der — einander koordinier-
ten — Staatsgewaltenihr wesondertes sachliches
Betätigungsfeld, ihr eigenes materielles Herr-
schaftsgebiet hat, auf welchem sie ausschließlich
zuständig, souverän ist; dergestalt ferner, daß es weder
auf die Zahl noch auf die Wichtigkeitdervon
dieser oder jener Staatsgewalt gehandhabten
Hoheitsreehte ankommt, sondern nur auf die —