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voraus. Bei Ungehorsam des Beklagten
kann der Kläger durch iuramentum in
litem sein Geldinteresse schätzen (litis
aestimatio). Seit Justinian ist auch der
Restitutionsbefehl vollstreckbar; gemein-
rechtlich lautet das Urteil auf Herausgabe
der Sache. — Leugnet der Beklagte zu Un-
recht seinen Besitz, so kann ihm der Kiä-
ger mit einem interdictum quem fundum
den Besitz abnehmen und ihn so in die
ungünstigere Stellung als Kläger bringen.
a. Die rei vindicatio geht auf Heraus-
gabe der Sache cum omni causa; daher
umfaßt der Herausgabeanspruch auch
den Anspruch wegen Restitution von
Früchten und Zuwachs.
a. Der gutgläubige Besitzer hat zu
restituieren: vor der Litiskontestation:
die fructus exstantes (noch vorhanden) ;
dagegen hat er die verbrauchten Früchte
nicht zu ersetzen (bonae fidei possessor
fructus consumtos suos facit); er steht
nicht ein für Vernachlässigung: quia quasi
suam rem neglexit, nulli querellae sub-
jectus est; nach der Litiskontestation:
ebenso wie der bösgläubige Besitzer vor
der Litiskontestation.
B. Der bösgläubige Besitzer hat zu
restituieren: vor der Litiskontestation: die
vorhandenen Früchte; er muB die ver-
zehrten (consumti) ersetzen und für die
fructus percipiendi, die er selbst hätte
ziehen können, einstehen; — nach der
Litiskontestation: auch die fructus ne-
glecti, die der Eigentümer kraft beson-
derer Sachkunde gezogen hätte; er steht
ferner für casus ein und kann von der
Haftung hierfür nur durch den Nachweis
sich befreien, daß der casus die Sache
auch bei rechtzeitiger Ablieferung betrof-
fen hätte.
b. Der beklagte Besitzer hat ein Re-
tentionsrecht wegen seiner Verwendun-
gen (impensae); er kann vor der Heraus-
gabe der Sache den Verwendungsersatz
verlangen. Es gibt: 1. necessariae, not-
wendige, d. h. die der Erhaltung der Sache
dienenden Verwendungen; — 2. utiles,
nützliche, d. h. die dem Sacheigentümer
zur Erhöhung des Nutzwertes der Sache
dienenden Verwendungen; — 3. volup-
tuariae, dienen nur dem Vergnügen oder
der Annehmlichkeit des Benutzers.
Der gutgläubige Besitzer erhält Ersatz
der necessariae und der utiles; wegen der
voluptuariae hat er ein ius tollendi. — Der
bösgläubige Besitzer erhält Ersatz der
Eigentumsschutz.
necessariae; wegen der übrigen hat er
ein ius tollendi. — Der fur erhält nichts
ersetzt. — Das ius tollendi darf nicht zur
Schikane ausgeübt werden, darf auch nicht
die Sache schlechter machen, als sie vor
der Anbringung der impensae war;
Celsus in D6, 1, 38.
2. actio negatoria (oder actio negativa)
ist die Klage des Eigentümers (Eigen-
tumsfreiheitsklage) auf Abwehr behaup-
teter Servituten oder gegen Immission
von Imponderabilien. Der Kläger hat
sein Eigentum, der Beklagte die Zulässig-
keit seines Verhaltens (z. B. das Bestehen
einer Servitut) zu beweisen.
3. actio Publiciana, genannt nach dem
praetor Publicius, dient als petitorische
Klage dem Schutze des Eigenbesitzers
oder Ersitzungsbesitzers, d. h. also des
Bonitariers (der durch formlose traditio
eine res mancipii erhalten hatte) und des
bonae fidei possessor (der ex iusta causa
eine Sache formgerecht vom Nichteigen-
tümer erhalten hatte), da für beide
mangels zivilen Eigentumes die rei vindi-
catio nicht offen stand. Der Schutz der
Publiciana greift dem zivilen Eigentümer
gegenüber im allgemeinen nicht durch;
hat jedoch der zivile Eigentümer die
Sache dem redlichen Erwerber veräußert,
dann ist der letztere geschützt. Es sind
zwei Fälle möglich: a. Der Eigentümer
klagt gegen den Erwerber mit der rei
vindicatio; dann hat der Erwerber den
Schutz der exceptio rei venditae et tra-
ditae. — b. Der Erwerber hat den Besitz
verloren, und der Eigentümer hat ihn er-
langt. Der Erwerber geht mit der actio
Publiciana gegen den Eigentümer vor, der
Eigentümer verteidigt sich mit der ex-
ceptio dominii; der Erwerber schlägt ihn
dann mit der replicatio rei venditae et
traditae zurück.
4. Für den Eigentümer bestehen noch
persönliche Klagen und außerdem vor-
läufige Schutzmittel. a. Zwecks Grenz-
regulierung: actio finium regundorm,
eine actio duplex. — b. actio communi
dividundo als Teilungsklage. — c. actio
aquae pluviae arcendae zum Schutze ge-
gen die Nachteile des Regenwassers. —
d. cautio damni infecti (s. d.). — e. operis
novi nuntiatio, privates Bauverbot; wird
gleichwohl gebaut, dann Demolierung
auf Grund des interdictum demolito-
rium. — f. interdictum quod vi aut clam
gegen vitiöse oder heimliche Verände-