fullscreen: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

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Prtußen und der norddeutsche Vund. 
letzterer den Hrn. Frhrn. v. Werther empfing. Der Beotschafter hatte am 
11. d. M. Ems verlassen und war am 12. wieder in Paris eingetrossen. In 
einer Unterredung, welche er an demselben Tage mit dem Hrn. Duc de Gra- 
mont hatte, erklärte letzterer die eingegangene Entsagung als Nebensache, da 
Frankreich die Thronbesteigung des Prinzen doch niemals zugelassen haben 
würde. In den Vordergrund stellte er die Verletzung, welche Frankreich da- 
durch zugefügt sei, daß Se. Maj. der König von Preußen dem Prinzen die 
Annahme der Candidatur erlaubt habe, ohne sich vorher mit Frankreich zu 
benehmen. Er bezeichnete als befriedigendes Mittel zur Ausgleichung dieser 
Verletzung ein Schreiben Sr. Maj. des Königs an Se. Maj. den Kaiser 
der Franzosen, in welchem ausgesprochen werde, daß Se. Maj. der König, bei 
Ertheilung jener Erlaubniß, nicht habe glauben können, dadurch den Inter- 
essen und der Würde Frankreichs zu nahe zu treten und sich der Entsagung 
des Prinzen anschließe. Am Tage darauf stellte Hr. Graf Benedetti, als er 
Sr. Maj, dem König in Ems begegnete, an Allerhöchstdieselben das Ansinnen, 
daß Sie die Verzichtleistung des Prinzen approbiren, und die Versicherung 
ertheilen sollten, daß auch in Zukunft diese Candidatur nicht wieder ausgenom- 
men werden würde. Hr. Graf Benedetti ist hierauf von Sr. Moaj. nicht wei- 
ter empfangen worden. Dem Botschafter des norddeutschen Bundes gegenüber 
hat der Duc de Gramont vorstehenden Forderungen noch die eines entschul- 
digenden Schreibens Sr. Maj. des Königs an den Kaiser Napoleon hinzu- 
gefügt. Es ist der vorstehenden Schilderung der Thatsachen nur eine Bemer- 
kung hinzuzufügen. Als Se. Maj. der König von Preußen von den zwischen 
der spanischen Regierung und dem Prinzen geführten Verhandlungen außer- 
amtlich Kenntniß erhielt, geschah dies unter der ausdrücklichen Bedingung der 
Geheimhaltung. In Betreff eines fremden Geheimnisses, welches weder Preu- 
ßen, noch den Bund berührte, konnten Se. Maj. keinen Anstand nehmen, die 
Geheimhaltung zuzusagen. Allerhöchstdieselben haben daher Ihre Regierung 
von der Angelegenheit, welche für Sie nur eine Familiensache war, nicht in 
Kenntniß gesetzt, und hatten das Benehmen mit andern Regierungen, soweit 
solches erforderlich sein konnte, von der spanischen Regierung oder deren Thron- 
candidaten erwartet und denselben überlassen. Das Verhältniß, in welchem 
die spanische Regierung zu der benachbarten französischen steht, und die per- 
sönlichen Beziehungen, welche zwischen dem fürstlich hohenzollern'schen Haus 
und Sr. Maj. dem Kaiser der Franzosen seit langer Zeit obwalten, eröffneten 
einem unmittelbaren Benehmen der wirklich Betheiligten mit Frankreich den 
einfachsten Weg. Die hohen verbündeten Regierungen werden ermessen, wie 
wenig unter diesen Umständen das Bundespräsidium darauf gefaßt sein konnte, 
zu erfahren, daß die französische Regierung, deren Interesse an der spanischen 
Frage ihm auf die Verhütung einer republikanischen oder orleanistischen Ent- 
wicklung sich zu begrenzen schien, in der Annahme der Throncandidatur durch 
den Prinzen von Hohenzollern eine ihr zugefügte Kränkung erblicke. Wäre 
es dem französischen Cabinet lediglich darum zu thun gewesen, zum Zwecke 
der Beseitigung dieser Candidatur die guten Dienste Preußens in Anspruch 
zu nehmen, so hätte sich demselben hiefür in einem vertraulichen Benehmen 
mit der preußischen Regierung der einfachste und geeignetste Weg dargeboten. 
Der Inhalt der vom Hrn. Duc de Gramont im Corps Iégislatif gehaltenen 
Rede schnitt dagegen jede Möglichkeit solcher vertraulichen Erörterungen ab. 
Die Aufnahme, welche diese Rede in der genannten Versammlung fand, die 
von der französischen Regierung seitdem eingenommene Haltung, die von ihr 
gestellten unannehmbaren Zumuthungen konnten dem Bundespräsidium keinen 
Zweifel mehr darüber lassen, daß die französische Regierung es von 
vornherein darauf abgesehen hatte, entweder seine Demüthi- 
gung oder den Krieg herbeizuführen. Der ersteren Alternative sich 
zu sügen war unmöglich. Die Leiden, welche mit dem Ausbruch eines Kriegs 
zwischen Deutschland und Frankreich im Centrum der europäischen Civilisation
	        
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