8 6. Das Wesen der landesfürstlichen Familiengewalt. 05
Staat. Dieser ist es, welcher jenes moderne Institut ins
Leben rief. Demgemäß ist insofern die Staatsgesetzgebung
der Hausautonomie rechtlich über. Hier gilt umgekehrt, wie
bei der Thronfolge: Staatsrecht bricht Hausrecht. Das Haus-
recht ist hier gegenüber Staatsrecht nicht originär, und nicht
selbständig.
UI. Wie daraus, daß die Familiengewalt nicht Stück,
sondern nur Akzessorium der Staatsgewalt ist, folgt, daß sie
auch durch anderes Recht als Staatsrecht geregelt zu werden
vermag, so resultiert aus dieser Tatsache auch, daß die
Familiengewalt nicht auf Staatsangehörige beschränkt zu sein
braucht. Es können ihr auch Staatsfremde unterliegen. Wenn
begegnet, daß der Staatsgewalt des Familienhaupts Nicht-
unterworfene auch seiner fürstlichen Hausmacht nicht unter-
liegen, so hat dies demgemäß seinen Grund nicht in dem
Wesen dieser landesherrlichen Hausmacht, sondern in anderem.
Wir werden dies in dem Abschnitte, welcher von dem zwischen
Familien- und Staatsangehörigkeit obwaltenden Verhältnis
handelt, bestätigt erhalten. Vgl. $ 15.
IV. Den nichtregierenden fürstlichen Häusern sprachen
wir oben (IC 2a) die bisher skizzierte Familiengewalt ab.
Weil diese im Verhältnis der Familie zum Träger der Staats-
gewalt wurzelt, fehlt sie jenen Geschlechtern. Dies schließt
nicht aus, daß bei ihnen und allen Familien des hohen Adels
etwas ähnliches besteht. Sie besitzen für ihre Familienver-
hältnisse (E.G. z. B.G.B. Art. 57, 58) Autonomie. Also können
sie eine ähnliche Gewalt schaffen. Insofern (s.S.99) kann Gierke,
Grundzüge des deutschen Privatrechts $ 23 (a. a. O. Bd. I
S. 459) vom hochadeligen Hause schlechthin behaupten, daß
ihm eine besonders bei den regierenden Häusern ausgebildete
Familiengewalt gebühre. Aber bei andern als regierenden
Häusern setzt eine solche besondere Begründung voraus. Denn
hier entspricht eine solche Gewalt dem Wesen der Familien
nicht. Die etwa begründete Hausgewalt ist hier auch nicht
öffentlich-, sondern privatrechtlichen Charakters.
V. Zum Schlusse sei noch folgendes hervorgehoben: Von
der „besonderen Familienaufsicht“ des Familienoberhauptes
ist die Gewalt zu unterscheiden, welche der Familie als solcher