Full text: Modernes Fürstenrecht

104 8 8. Die Faktoren der fürstlichen Hausgesetzgebung. 
Bd. I (1895) S. 142 mit 154 und meine Abhandlung „Der 
Begriff des landesherrlichen Hauses u. s. w.* S. 18. 
I. Dazu kommen aber noch weitere Momente. 
A. Gewiß hat es in Deutschland eine Zeit gegeben — es 
war die Periode der absoluten Monarchie nach Untergang 
des alten Reiches —, wo „Hausgesetze“ in weiterem oder 
engerem Umfange ohne Mitwirkung der (volljährigen) Agnaten 
erlassen wurden, aber die Rechtsanschauungen, welche diesen 
Vorgängen zugrunde lagen, entsprechen nicht mehr dem 
heute geltenden Rechte. 
1. a) Diese Hausgesetze beruhten einmal auf der An- 
schauung, daß, wenn eine Hausangelegenheit durch den Staat 
als solchen Regelung finde, es hierfür nicht noch einmal einer 
Regelung im Wege der Hausgesetzgebung bedürfe. 
Die geschilderte Meinung bestreitet keineswegs, daß echte 
Hausgesetze ohne agnatische Zustimmung nicht möglich sind, 
aber sie sagt: wenn über eine Materie ein Staatsge- 
setz ergeht, ist ein Hausgesetz hierüber überflüssig. Kraft 
seiner absoluten Gewalt ist der Staat bei Ordnung von auch 
das Haus berührenden Angelegenheiten an die Zustimmung 
des Hauses nicht gebunden; denn gebunden wäre er dann 
an Mitwirkung von Untertanen und das macht eben das 
Wesen des Absolutismus aus, daß er frei ist von beschränken- 
den Befugnissen der Regierten. Weil das Haus dem Staate 
untertan ist, fehlt die Notwendigkeit agnatischer Zustimmung 
zu Gesetzen für das Haus. Das Hausgesetz ist Staatsverordnung. 
Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Urkunde des Groß- 
herzogs Karl von Baden vom 4. Oktober 1817 zu verstehen, 
mittelst deren dieser Fürst das „Familienstatut“ seines Vor- 
gängers vom 10. September 1806, durch welches letzterer 
seinen Söhnen zweiter Ehe, den Grafen von Hochberg, für 
den Fall des Aussterbens des agnatischen Mannesstammes 
Sukzessionsrechte verlieh, zur öffentlichen Kenntnis brachte und 
gleichzeitig die genannten Grafen, seine „Halboheime“, zu 
großherzoglichen Prinzen und Markgrafen zu Baden mit dem 
Prädikate Hoheit erhob, um ihnen hierdurch volle Eben- 
bürtigkeit zu verleihen. Diese Deklaration ist erlassen „kraft 
der Uns zustehenden Souverainet£“. Sie stellt demgemäß trotz
	        
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