Full text: Modernes Fürstenrecht

122 811. Die öffentlichrechtl. u. d. privatrechtl. Wirkungen d. Mitgliedschaft. 
2. a) Keiner Betonung bedarf, daß Haus- oder Staats- 
gesetz die Frage des Gerichtsstandes auch anders zu ordnen 
vermag. So haben wir z. B. oben S. 102 Anm. 1 eine lippische 
Verordnung vom 15. Mai 1902 erwähnt, welche nicht einmal 
allen der Familiengewalt unterstehenden Hausangehörigen 
privilegierten Gerichtsstand einräumt, sondern lediglich den- 
jenigen hiervon, welche im Fürstentum Lippe wohnhaft sind. 
b) Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage geht Hausrecht 
staatlichen Anordnungen nach, vermag also Hausgesetz ein- 
seitig durch Staatsgesetz Änderungen zu erfahren. Denn es 
handelt sich hier um ein Rechtsinstitut, das erst mit Auf- 
lösung des alten Reiches als Rechtsfolge der Unterordnung 
unter die Staatsgewalt des Familienhauptes entsteht. Dem- 
gemäß läßt sich hier eine Unabhängigkeit des Hausrechtes 
vom staatlichen Recht historisch nicht rechtfertigen. Eine 
solche besteht lediglich für Thronfolge und was hiermit sach- 
lich zusammenhängt (Ebenbürtigkeits- und Kammergutsrecht). 
3. Die öffentlichrechtlichen und die privatrechtlichen 
Wirkungen der Mitgliedschaft. 
8 ı1. 
I. Im allgemeinen kann über die rechtliche Natur der 
Zugehörigkeit zum landesfürstlichen Hause ein Zweifel kaum 
bestehen. 
A. Das öffentlichrechtliche Wesen der landesfürstlichen 
Familienaufsicht liegt gewiß klar und demgemäß auch der 
gleiche Rechtscharakter der Unterordnung unter sie. Zwar 
stellt jene Aufsicht kein Stück, sondern lediglich eine Per- 
tinenz der Staatsgewalt dar, allein die Beziehung des Hauses 
zum Staat bildet, wie wir in $ 6 sahen, die historische 
Veranlassung jener Gewalt. Ihre publizistische Natur folgt 
hieraus von selbst. Vgl. Seydel, Bayer. Staatsrecht Bd. I 
S.209 Anm. 5 (1896). Soweit wie Triepel a. a. O.S. 94 gehen 
wir allerdings nicht, daß wir aus jenem Grunde die Übung 
der genannten Gewalt als eine Pflicht des Landesherrn gegen- 
über dem Staate ansehen. Nicht als Rechtspflicht, sondern
	        
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