Full text: Modernes Fürstenrecht

138 8 14. Begriff und Einteilung des Fürstenrechtes. 
1. Schulze rechnete zum deutschen Fürstenrecht auch 
noch das Recht der mediatisierten Häuser, also derjenigen, 
welche zur Zeit des alten Reiches Reichsstandschaft besaßen, 
ihre Staatsgewalt (Landeshoheit) aber entweder vor oder mit 
Untergang des Reiches oder in der Zeit von 1806—1815 ver- 
loren haben (Bundesakte vom 8. Mai 1815 Art. 14: „im Jahre 
1806 und seitdem mittelbar gewordene Reichsstände“). Riß 
schon jene Zeit eine tiefe Kluft in die Standesgemeinschaft 
des hohen Adels, indem die einen Staatsgewalt verloren, die 
andern sie behielten, so hat die neueste Reichs- und Landes- 
gesetzgebung diese rechtliche Kluft noch stark vergrößert, 
begreiflich, wenn man bedenkt, daß mit Gründung des Reiches 
insofern sich der politische Zwischenraum zwischen landes- 
fürstlichen und standesherrlichen Häusern erweiterte, als die 
Häupter der ersteren zu der Trägerschaft der obersten Ge- 
walt im Staate auch noch die Mitträgerschaft au den Hohbeits- 
rechten des großen, mächtigen Gesamtstaatswesens des Reiches 
erwarben. Bestand vorher der Grundsatz, daß die standes- 
herrlichen Familien in allen Rechten, welche nicht einen Be- 
standteil der Staatsgewalt ausmachen, den noch regierenden 
Geschlechtern möglichst gleichstehen sollen, .so hat das 
neueste Recht denselben mehr und mehr Rechte genommen, 
welche die Herrscherfamilien behielten, oder ihnen Befugnisse 
vorenthalten, welche es den regierenden Familien verlieh. 
In Bayern, Württemberg, Baden und Hessen sind alle, in 
Preußen die wichtigsten Steuerbefreiungen aufgehoben; wäh- 
rend die regierenden Familien sie noch besitzen. Ihrem privi- 
legierten Gerichtsstande sind bedeutend engere Grenzen ge- 
zogen; er betrifft lediglich die Strafjustiz und auch hier besteht 
er nur soweit, als ihnen das Recht der Austräge (d. h. auf 
Aburteilung durch ein aus Standesgenossen zusammengesetztes 
Sondergericht) erhalten blieb, wenn sie solches nach Landes- 
recht noch zur Zeit des Inkrafitretens des Reichsgerichts- 
verfassungsgesetzes besaßen. Sie erhielten keine Privilegien 
in bezug auf Vertretung im Prozeß, Vernehmung als Zeugen 
in ihm und hinsichtlich der Eidesleistung im Prozeß. Die 
Grundbuchordnung läßt in $ 90 zu, daß durch landesherrliche 
Verordnung Grundstücke, die zum Hausgut oder Familiengut
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.