4 & 1. Die herrschende Lehre.
Meyer, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts 5. Aufl. (1899)
$ 86 S. 233, Jelinek, System der subjektiven öffentlichen
Rechte S, 141 und 327 und vor allem Binding a. a. O.
S. 34ff.: „Die wichtigsten Sätze des Hausrechtes sind in
Bestandteile des Verfassungsrechtes umgegossen, in staats-
rechtliche Satzung, Bestandteile der Verfassung verwandelt.
Das bedeutet erstens, daß eine einseitige Abänderung dieser
Satzungen auf dem Wege der Autonomie des fürstlichen
Hauses von jetzt an ausgeschlossen ist, es müßte denn die
Verfassung bestimmten nach ihr erlassenen autonomischen
Satzungen in blanco zum voraus die Genehmigung erteilt
haben, das bedeutet aber nicht minder, daß die Abänderung
dieser zu Bestandteilen der Verfassung erhobenen Satzungen
des Hausrechtes geschehen kann auf dem Wege der Verfassungs-
änderung, aber auch „nur auf diesem Wege, also ohne
Kooperation der Mitglieder des regierenden Fürstenhauses“ ...
„Jedes Recht ohne Ausnahme kann ihnen durch Staatsgesetz
genommen werden: auch ihre Sukzessionsrechte‘‘').
U. Wir bekämpfen diese Anschauung mit aller Entschieden-
heit hier ausführlich. Andeutungsweise bezw. kürzer haben
wir dies schon in unserer akademischen Festrede über „Die
staatsrechtliche Stellung des Hauses Wittelsbach zu Bayern
in Vergangenheit und Gegenwart“ 1901 S. 24 und in einem
Aufsatze in der „Woche“ vom 13. Juli 1901 über das „Thron-
folgerecht in Europa“ getan.
A. Zunächst bemerken wir gegen jene Meinung: der
Gegensatz zwischen einst und jetzt ist mit der Formel: die
Thronfolge früher rein privatrechtlich, jetzt rein staatsrecht-
lich nicht entsprechend gekennzeichnet. Nicht darf gesagt
werden: vor dem Übergang zum Verfassungsstaat war das
Thronfolgerecht Privatrecht, jetzt ist es Staatsrecht (Meyer
S. 232f.), sondern höchstens läßt sich sagen: früher war das
Thronfolgerecht Haus-, jetzt ist es Staatsrecht.
Keinesfalls ist richtig, daß das fürstliche Hausrecht,
Dazu noch Bornhak, Thronfolgerecht u. Staatsgesetz in „Die neue Welt“,
20. Jahrg. Nr. 1 S.17ff. (1. Sept. 1900); derselbe in d. Annalen d. Deutschen
Reichs 1904 S. 62.
!) Siehe auch Schücking S. 43.