8 16. Eheliche Abstammung. 149
B.G.B. $ 1591 Abs. 1 und $ 1593. Der erstere Paragraph
erklärt auch die vor der Ehe vom Ehemann empfangenen
Kinder für ehelich. Nach $ 1593 steht das Recht der An-
fechtung der Ehelichkeit lediglich dem Ehemanne der Mutter zu.
A. 1. Für diese Abweichungen sprechen gewichtige innere
Gründe. Die Würde des hochadeligen, vor allem aber des
regierenden Hauses erheischt, daß dasselbe sich nicht aus
Mitgliedern zusammensetzt, deren Existenz auf einen Fehltritt
der Eltern oder wenigstens der Mutter zurückführt. Dem
Ansehen solcher Familien widerspricht, daß Kinder für ehe-
lich gelten, welche von dem Ehegatten nachweislich vorehe-
lich erzeugt sind. Noch weniger aber ist es mit dem Ansehen
eines solchen Hauses im Einklang, wenn das in der Ehe
geborene Kind von einem anderen als dem Ehegatten empfangen
ist. Würde man nur dem Ehemanne das Recht der Anfechtung
der Ehelichkeit zuerkennen, so könnten Kinder, welche vor
oder nach der Ehe oder von einem Dritten während der Ehe
empfangen wurden, trotzdem der Familie angehören, nämlich
dann, wenn der Ehemann sein Anfechtungsrecht nicht aus-
übt. Aus diesem Grunde muß die Befugnis zur Anfechtung
der Ehelichkeit angeblicher Mitglieder hochadeliger Häuser
jedem rechtlich Interessierten zustehen.
2. Man könnte sagen, die igleiche Moral gilt auch für
nichthochadelige Häuser. Allein hier wirken stärkere Rück-
sichten auf die Kinder. Diesen entspricht es, daß auch das
vorehelich erzeugte, aber in der Ehe geborene Kind für ehelich
gilt und daß, um schwierige, das Glück dieser Kinder und
ganzer Familien gefährdende Prozesse zu vermeiden, das An-
fechtungsrecht auf den Mann der Mutter beschränkt wird.
Dazu kommt, daß das feste rechtliche Band, welches die
hochadelige Familie durch ihren korporativen Charakter, ihren
Fideikommißkesitz und bei regierenden Häuser durch Thron-
anwartschaft und Familiengewalt umschließt, bei jenen anderen
Familien fehlt und demgemäß Fehltritte einzelner Mitglieder
nicht in dem gleichen Maße das Ansehen der Familiengesamt-
heit schädigen.
B. Allein es fragt sich: gelten denn jene Abweichungen
noch, wenn sie nur auf gemeinem Privatfürstenrechte be-