8 17. Ebenbürtigkeit. 461
c) Hieraus erhellt zur Genüge, daß wir Recht haben, wenn
wir behaupten: die kurfürstlichen und reichsfürstlichen Häuser
engeren Sinnes erkannten als standesgleich nur Ehen mit
Angehörigen anderer fürstlichen Häuser engeren Sinnes an.
Sie liefsen das Prinzip der Ebenburt für ihre Familien nur
en Beschränkung auf einen Teil der reichsständischen Häuser
entstehen: Reichsgräfliche und reichsfreiherrliche Häuser sind
nicht ebenbürtig. Eines der ältesten Hausgesetze der Neuzeit
über Ebenburtsfragen, welches wir haben, ist das Testament
des Herzogs Johann Wilhelm von Sachsen, des Stifters der
noch heute blühenden ernestinischen Linien des sächsischen
Hauses. Hier ist in $ 23 bestimmt, daß, „wenn einer seiner
Söhne sich verheiraten wolle, er sich mit einem christlichen
Fürstlichen Fräulein in Teutschland vermählen“, mit nichten
aber mit fremden Nationen befreunden solle (siehe Lünig,
Reichsarchiv Pars Spec. Teil II S. 98 und Löning a. a. O.
S. 11), und die gleiche Vorschrift findet sich im Testamente
des Enkels jenes Fürsten, des Herzogs Ernst des Frommen
von Sachsen-Gotha vom 31. August 1864 (Schulze, Haus-
gesetze III 109).
2. Auf der anderen Seite erklärt sich aber aus der
näheren Ausgestaltung und Fortentwicklung des Reichsstand-
schaftsrechtes auch eine Entwicklung des Ebenburtsprinzipes,
durch welche das Vorrecht der Ebenbürtigkeit auf Angehörige
des niederen Adels erstreckt oder wenigstens jener obengenannte
enge Grundsatz auf reichsgräfliche Familien ausgedehnt wurde.
a) Die reichsgräflichen und reichsfreiherrlichen Geschlechter
waren wegen ihres geringeren Länderbesitzes nicht in der
wirtschaftlichen Lage, daß sie in der gleich schroffen Weise
allen Ehen mit nichthochadeligen Freien Standesmäßigkeit
absprachen. Sie waren wirtschaftlich gezwungen, Ehen mit
Mitgliedern des niederen Adels nach wie vor Vollwirksam-
keit beizulegen, kam doch sogar erst seit Mitte des 17. Jahr-
wie Hauptmann 8. 568 schreiben, es sei nicht zu verstehen, daß der Um-
stand, ob der Chef der Familie im Fürstenrate oder im Grafenkollegium saß,
einen Einfluß auf die Eheschließungspraxis der betreffenden Häuser hätte
ausüben können.
Rehm, Modernes Fürstenrecht. 11