Full text: Modernes Fürstenrecht

164 8 17. Ebenbürtigkeit. 
Mitglieder des niederen Adels (Ritter), nach Ausbildung der 
Titularerhöhungen vielleicht mit dem Unterschiede, daß neu- 
fürstliche Reichsstände vom niederen Adel höchstens Ritter 
mit Grafentitel, altgräfliche Reichsstände höchstens Ritter mit 
Freiherrentitel als ebenbürtig zuließen. 
IV. A. In Wirklichkeit war die Entwicklung teilweise 
eine andere. Nur das gilt gewiß: für Reichsstände mit Fürsten- 
und mit Grafenstimmrecht, für fürstliche und gräfliche Reichs- 
stände besteht kein einheitliches gemeines Privatifürstenrecht. 
Aber darin weicht das wirklich in Geltung gekommene ge- 
meine Privatfürstenrecht von unserer Annahme ab: auch bei 
altfürstlichen Reichsständen sind alle reichsständischen Familen, 
also auch die blofs reichsgräflichen, ebenbürtig. 
Das Letztere ergibt sich aus folgenden drei Tatsachen: 
Erstens ıst zu beachten, daß vor Durchsetzung des Ebenbürtig- 
keitsprinzips im 17. Jahrhundert, also ım 16. Jahrhundert, 
auch für die höchsten Reichsstände römisches Recht, d. h. 
der Satz galt, daß selbst Ehen mit Personen des Bürger- und 
Bauernstandes standesgemäß seien. Demgegenüber war es 
schon viel, wenn für die fürstlichen Reichsstände ım 17. Jahr- 
hundert sich durchsetzte, daß Ehen mit Angehörigen des 
niederen, des ritterschaftlichen Adels, nicht Vollehen seien. 
Die Überwindung des römischrechtlichen Satzes, daß alle 
Ehen mit Freien standesgleich seien, nahm auch in fürst- 
lichen Häusern geraume Zeit ein, Vgl. Löning S. 18fk. 
Ferner mußten jedenfalls Ehen mit Angehörigen reichsgräf- 
licher Reichsstände ebenbürtig sein, wenn es vorkam, daß in 
altfürstlichen Familien Ehen mit Angehörigen des niederen 
Adels von den Agnaten nicht als unebenbürtig angegriffen 
wurden. Moser in seinem Deutschen Staatsrecht Bd. XIX 
S. 333 macht uns mit solchen Fällen bekannt!), Drittens 
kommt die Entstehungsgeschichte des Art. 22 $ 4 der Wahl- 
kapitulation Kaiser Karls VII. von 1742, „ohnstrittig notorische 
Mißheirat“ betreffend, in Betracht. Derselbe ist veranlaßt 
durch die Ehe, welche Herzog Anton Ulrich von Sachsen- 
!) Siehe auch Schiedespruch in dem Rechtsstreite über die Thronfolge 
im Fürstentume Lippe (Leipzig 1897) S. 14.
	        
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