8 17. Ebenbürtigkeit. 171
sondere Schulze bei Holtzendorff S. 1365) und heutigen Ver-
treter der herrschenden Meinung und ebenso ihre Gegner
sich verzeichnet finden. Der Grundfehler der herrschenden
Theorie liegt darin, daß sie annimmt, der Ebenburtsgrundsatz
der neuzeitlichen Reichsstände sei rechtshistorisch nichts
anderes als eine Fortsetzung des Ebenbürtigkeitsprinzipes der
mittelalterlichen Hochfreien, während zwischen diesen beiden
Ebenburtsrechten eine rechtshistorische Verbindung fehlt. Der
Unterschied ist dem Resultate nach bedeutsam: Von der hier
vertretenen Anschauung über die Ebenbürtigkeitsgrundsätze des
gemeinen Privatfürstenrechts aus erscheint besonderes Haus-
recht, wonach für neufürstliche Reichsstände und reichsgräf-
liche Reichsstände einfacher niederer Adel zur Ebenburt nicht
genügt, als eine Verschärfung des gemeinen Privatfürstenrechts,
vom Standpunkte der herrschenden Lehre aus als eine Milderung
desselben.
VI. A. Außer den Mitgliedern ehemals reichsständischer
Häuser sind nach gemeinem geltenden Fürstenrechte, wie
schon in $ 9 S. 115 bemerkt!), ebenbürtig Abkömmlinge
a) aus Familien, welche auch noch nach 1815 in Deutschland,
bezw. seit 1871 ınnerhalb des Deutschen Reiches regiert
haben oder in der Gegenwart daselbst regieren, b) aus außer-
deutschen, europäischen, christlichen Häusern, welche einen
völkerrechtlich anerkannten Staat als dafür völkerrechtlich
anerkannte Dynastien regieren oder regiert haben.
B. Hieraus folgt im einzelnen:
1. Außerdeutsche selbst hochtitulierte Adelsfamilien sind,
wenn sie nicht unter den oben angegebenen Voraussetzungen
regieren oder regiert haben, im Zweifel nicht ebenbürtig.
2. Dagegen sind alle außerdeutschen regierenden oder
regiert habenden Geschlechter unter den angegebenen näheren
Voraussetzungen im Zweifel ebenbürtig, gleichgültig wie groß
das Land, wie alt die Dynastie. Auch erst neuerdings zur
Herrschaft gelangte Familien sind ebenbürtig selbst dann,
wenn sie nichtadeliger Abkunft (Bonaparte, Bernadotte).
1) Siehe auch Seydel, Vorträge aus dem allgemeinen Staatsrecht 1903
S. 45 (auch Annalen des Deutschen Reiches 1899 8. 251).