176 8 17. Ebenbürtigkeit.
Das änderte sich, wenn die Agnaten Staatsuntertanen des
Landesherrn wurden. Dann konnte als ein Akzessorium der
Staaisgewalt eine Familiengewalt hinzutreten, kraft deren das
Familienhaupt die Befugnis besitzt, unpassende oder politisch
bedenkliche Eheschließungen der Hausangehörigen zu ver-
hindern. Damit aber entfällt die Notwendigkeit eines Eben-
bürtigkeitsprinzipes als Rechtsgrundsatzes, da derselbe geeignet
ist, vielen Mitgliedern regierender Häuser eine Eheschließung
überhaupt unmöglich zu machen. Von diesem Gesichtspunkte
aus ist die Meinung Seydels, Vorträge aus dem allgemeinen
Staatsrecht S. 45, und vor allem diejenige Schulzes bei
Holtzendorff 5. Aufl. S. 1366 zu verstehen, welche beide de
lege ferenda sich gegen Aufrechterhaltung des genannten
Grundsatzes als eines Rechtsprinzips wenden.
2. Allein das Institut des Heiratskonsenses versagt bei
einer Heirat des Landesfürsten. Bei standesherrlichen Familien
ist da wohl ein Ersatzmittel leicht zur Hand. In standes-
herrlichen Hausgesetzen — s.z.B. das des Fürstlichen Hauses
Leiningen vom 23. Oktober 1897 bei Löning S. 50 — ist für
den Fall der Heirat des Fürsten, weil bei ihm keine Heirats-
erlaubnis Dritter möglich, vorgeschrieben, daß, wenn bei einem
Agnaten Bedenken bestehen, ob eine vom Fürsten beabsich-
tigte Ehe der Würde und dem Ansehen des Hauses ent-
spreche, die Entscheidung der Frage einem Schiedsgerichte zu
unterbreiten sei, und falle der Spruch im verneinenden Sinne
aus, so gelte die trotzdem eingegangene Ehe nicht als haus-
gesetzmäßig. Gegenüber regierenden Herren ist eine solche
Vorkehr gegen derartige Ausnahmsfälle politisch unmöglich.
B. 1. Nun ließe sich allerdings noch ein anderer Ausweg
denken: Für das Familienglied, welches erst als Landesfürst
sich vermählt oder als solcher sich wieder vermählt, bleibt das
Ebenbürtigkeitsprinzip erhalten. Warum sollen, weil bei einem
Mitglied die Aufrechterhaltung desselben als Aushilfsmittel
angezeigt erscheint, alle anderen Familienmitglieder jener
schweren Freiheitsbeschränkung unterworfen werden?
2. Allein dann wäre die Folge die Möglichkeit einer
starken sozialen Unstimmigkeit zwischen den Frauen dieses
einen korporativen Verbandes. Aber ganz abgesehen davon,