Full text: Modernes Fürstenrecht

$ 20. Heilung von Erwerbemängeln. 201 
gleichen im Thronfolgerecht vorsetzt? Und weiter: Der Satz, 
daß subjektive öffentliche Rechte vom Gesetzgeber schlecht- 
hin vernichtet werden dürfen, mag zutreffen für Rechte, 
welche dem Berechtigten nicht auch wirtschaftliche Vorteile 
bieten; aber das Thronfolgerecht, mit dem sich so bedeutende 
vermögensrechtliche Vorteile verbinden, dieses sollte so schlecht- 
hin ohne Zustimmung des Berechtigten beseitigt oder ge- 
schmälert werden dürfen? Entspricht dies der geschicht- 
lichen Entwicklung? Haben die deutschen Fürsten der neuen 
Ordnung der Dinge, dem Übergange zum Verfassungsstaate 
nicht lediglich in dem Bewußtsein und in dem Vertrauen 
zugestimmt, daß die angestammten Rechte ihres Hauses auf 
Herrschaft ım Staate gegen bisher an rechtlicher Stand- 
sicherheit nichts einbüßen? 
c) Eine andere Frage ist, ob, wenn die Agnaten zustimmen, 
ihnen nicht ein Entschädigungsanspruch entsteht. Allein ein 
solcher gelangt lediglich dann zur Existenz, wenn das Opfer, 
das der Betroffene erleidet, ihm wider Willen auferlegt wird, 
nicht wenn er es rechtlich freiwillig bringt. Will er es nicht 
bringen, so braucht er nicht zuzustimmen; bringt er es aber 
freiwillig, so entfällt ein Ersatzanspruch. 
C. 1. Wir sagten oben schon: was das Wesen des Haus- 
gesetzes ausmacht, ist sein Inhalt, nicht seine Form, Eine 
bestimmte Form ist für dasselbe nicht vorgeschrieben. Somit 
kann die autonomische Satzung auch stillschweigend kundge- 
macht werden, in konkludenten Handlungen liegen. Wohl 
sahen wir, daß die bloße Tatsache der Eheschließung des 
letzten Agnaten mit einer Unebenbürtigen als solch ein still- 
schweigender Hausgesetzgebungsakt nicht in Betracht zu 
kommen vermag, aber andere Handlungen, bezw. Unter- 
lassungen lassen sich als derartige benennen, daß aus ihnen 
mit Sicherheit auf einen bestimmten Satzungswillen geschlossen 
zu werden vermag. Z. B.: es werden vom Familien- oder 
Staatshaupt einem unebenbürtigen Abkömmlinge pekuniäre 
Vorteile, wie sie staats- oder hausgesetzlich nur Hausange- 
hörigen zukommen, also Apanagen eingeräumt!) oder über 
1) Siehe auch Schuise bei Holtzendorff 8. 1366.
	        
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