8 36. Hausvermögen. 337
ein mitteldeutscher Staat die Verwaltung seines Vermögens
in größerem Umfange z. B. der Deutschen Bank überträgt,
so besitzt dieser Vertrag nicht um deswillen öffentlichrecht-
liche Natur, weil der Staat Subjekt dieses Vermögens, also
Privatrechtssubjekt nur solange ist, als er die Eigenschaft
eines staatsrechtlichen Subjekts, d. h. die Eigenschaft eines
Staates behält.
ß) aa) An diesem. zivilrechtlichen Charakter jener Ver-
einbarungen zwischen Haus und Staat wird auch dadurch
nichts geändert, daß jene Vereinbarungen zu integrierenden
Bestandteilen der Verfassung erklärt, somit zugleich mit der
Eigenschaft eines Staatsgesetzes ausgestattet werden. Nicht
alle Bestimmungen der Verfassungsurkunden sind öffentlich-
rechtlichen Wesens. Was sie enthalten, sind grundlegende
oder die obersten Staatsorgane direkt oder indirekt betreffende
Vorschriften. Den Bestimmungen der Verfassungsurkunden
über den Volljährigkeitstermin des Staatshauptes und der
Mitglieder der landesherrlichen Familie (z. B. preuß. Verf.
Art. 54) eignet gewiß nicht staatsrechtliche Natur. Auch das
Verhältnis des Familienhauptes zum Domänenhausfideikommiß
wird dadurch nicht verändert. Nicht unmittelbar als Landes-
herr, sondern als Hauschef ist der Landesfürst Inhaber und
eventuell Nutznießer jenes Fideikommisses.
8ß) Noch weniger läßt sich behaupten, Streitigkeiten aus
der Vereinbarung würden dadurch zu Verfassungsstreitigkeiten
zwischen Landesherr und Ständen. Denn Verfassungsstreitig-
keiten im technischen Sinne liegen erst dann vor, wenn über
Anwendung und Auslegung der Verfassung Meinungsver-
schiedenheit entsteht zwischen Landtag und Fürst unmittelbar
in des letzteren Eigenschaft als Staatshaupt. Verfassungsstreit
ist Streit zwischen den obersten Staatsorganen untereinander,
nicht zwischen einem derselben und einem Mitgliede des fürst-
Jichen Hauses oder der ganzen fürstlichen Familie.
y) Aus dem Vorgetragenen erhellt, daß wir das Urteil
des Reichsgerichts vom 15. Februar 1881 in den Entsch. in
Zivilsachen Bd. II S. 410 über Auslegung des oben unter
IV C 2 a angezogenen Waldecker Rezesses vom 16. Juli und
15. November 1853 nicht zu billigen vermögen. Jener Rezeß
Rehm, Modernes Fürstenrecht. 22