$ 3. Das Recht am Throne, nicht durch den Staat entziehbar. 23
keineswegs!), daß dieser moderne Staat der Staatspersönlich-
keit über jenes ihm gegenüber originär erworbene Recht
nicht auch die Gewalt besitze, es zu ordnen oder zu vernichten.
Zweifellos hat die Stellung des Herrschers im Staat mit
dem Übergange des öffentlichen Rechtes zu dem Gedanken
der Staatspersönlichkeit seine Natur geändert. Der Fürst ıst
aus einem Herren über dem Staate, ein Werkzeug des Staates,
ein Organ im Staate geworden. Nicht mehr steht er über
und damit außer dem Staate.e Das Recht am Throne, die
Thronfolge ist eine staatliche Angelegenheit.
Dieser Übergang ist keineswegs ein unvermittelter. Das
Hausrecht selbst hat ihn angebahnt, schon ehe der Gedanke
der Staatspersönlichkeit entstand. Nicht bloß als Haus-, son-
dern auch als Untertanenangelegenheit wurde das Recht der
Thronfolge angesehen. Hieraus erklärt sich, daß die Landes-
herren zu Hausgesetzen nicht selten die Zustimmung der
Stände einholten oder einholen mußten, wo dieselben ein
Mitwirkungsrecht in allen auch Land und Leute berührenden
wichtigen Angelegenheiten besaßen?). Was ist aber Unter-
tanen- oder ständische Angelegenheit anderes, als Landes-
oder Staatsangelegenheit?
Als Staatsangelegenheit wurde die Thronfolge daher
schon vor dem Übergange des öffentlichen Rechtes zum Be-
griff der Staatspersönlichkeit behandelt, aber erst mit dem
Rechtsprinzipe der Staatspersönlichkeit konnte der Gedanke
entstehen, daß der Staat für sich allein das Recht der Thron-
folge zu ordnen und zu vernichten vermöge.
Zweifelsohne liegt dieser Gedanke in der logischen Kon-
sequenz des Grundsatzes der Staatspersönlichkeit. Ist der
Herrscher Organ des Staates, so steht er wie alle anderen
Organe unter dem Staate. Wie dieser das Recht anderer
Organe ordnen und vernichten kann, so vermag er auch dieses,
!) Dies meinten die Vertreter der reinen Patrimonialtheorie im 19. Jahr-
hundert: Maurenbrecher, Die regierenden Fürsten und die Souveränität
1839 8. 167 und Stahl, Rechtephilosophie Bd. II 5. Aufl. 8. 265ff. Siehe
dazu Schücking S. 11 und 17.
2) Vgl. Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte 4. Aufl.
1902 3 78 Nr. 2 (8. 846).