Full text: Modernes Fürstenrecht

8 40. Die Hausorgane. 361 
Hausgesetz oder Hausobservanz anderes bestimmen. Gierke 
gibt hierfür keine besondere Erklärung; wie mir scheint, 
gründet sich seine Meinung darauf, daß, wie er annimmt, 
für die Zuständigkeit des Familienhauptes die Vermutung 
spricht. Allein wie wir alsbald sehen werden, trifft diese 
Voraussetzung nicht zu. 
2. a) Das Familienhaupt stellt in anderen als parlamen- 
tarısch regierten Monarchien gewiß das oberste Staatsorgan 
dar, indes hieraus folgt nicht mit zwingender Notwendigkeit, 
daß ıhm auch innerhalb der Familie die oberste Organ- 
stellung zukommt. Ganz abgesehen davon, daß Staat und 
Familie ganz verschiedene Rechtskreise, bei welchen sich 
die Bestimmungen über Mitgliedschaft z. B. keineswegs decken, 
liegt der bedeutsame Unterschied vor, daß der moderne Staat 
seine Natur als Korporationspersönlichkeit rechtlich vom Staats- 
haupt verliehen erhielt, während sich die Korporationseigen- 
schaft des landesherrlichen Hauses unabhängig vom Willen des 
Familienhauptes entwickelte. Spricht schon das Wesen jeder 
Korporation dafür, daß die Mitgliederversammlung das oberste 
Gemeinschaftsorgan bildet — vgl. Gierke a. a. O. S. 154 —, so 
macht beim landesherrlichen Hause die Geschichte seiner 
Entwicklung zur Korporation diese Vermutung zur rechtlichen 
Bestimmtheit. Zuerst war in den fürstlichen Geschlechtern 
eine kollegiale Verfassung vorhanden und erst der moderne 
Staat hat dem Familienhaupte innerhalb der Familie einen 
besonderen Zuständigkeitskreis, die fürstliche Hausgewalt, 
zugelegt. Infolge des Umstandes, daß die Agnaten der 
landesherrlichen Familie, solange das alte Reich bestand, 
nicht Untertanen des Landesherrn waren, selbst wenn sie 
ım Lande wohnten, hat sich auch in den Jahrhunderten 
nach Gründung dieser Korporationen in denselben reine 
Korporationsverfassung, d. h. das Prinzip der Gleichbe- 
rechtigung der Mitglieder erhalten. Und hieran änderte 
auch die Ausstattung des Familienhauptes mit einer landes- 
fürstlichen Hausgewalt im modernen Staate nichts. In allen 
diesen neueren Hausgesetzen erscheint diese Hausgewalt 
grundsätzlich als eine Ausnahme von der Regel, als eine 
„besondere Aufsicht mit bestimmten Rechten“ (bayer. Fam.-
	        
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