362 8 40. Die Hausorgane.
Stat. Tit. 1$ 2). Es ist keine Teilung der Gewalten einge-
treten; so daß, wie im Staate bei dieser Lehre das Parlament
das oberste Staatsorgan wurde, hier sich das Familienhaupt
vom Agnatenkollegium losgelöst hätte und nun das höchste,
durch die Gesamtheit der Agnaten nur in bestimmten An-
gelegenheiten beschränkte Familienorgan darstellte. Hinzu-
kommt, daß jene besondere Familienaufsicht, wie wir in
$ 6 sahen, gar nicht als ein Stück (delegierter) Korporations-
gewalt, sondern als ein Zubehör der Staatsgewalt rechtlich
zu denken ist. Ausdehnung der Staatsgewalt bedeutet keines-
wegs auch Ausdehnung der Korporationsgewalt, Umge-
staltung der Korporationsverfassung.
b) Insbesondere beweist aber das, was wır behaupten,
das Hausgesetzgebungsverfahren. Die Autonomiegewalt des
Hauses bildet das oberste Recht desselben. Diese Satzungs-
gewalt wird nun, materiell besehen, nicht von dem Familien-
chef, beschränkt durch eine Mitwirkung der Agnaten, aus-
geübt, sondern sie wird ausgeübt vom Hause als einem
Ganzen, von allen Agnaten unter bloßem Vortritt des Hauptes
als des ersten Agnaten. Dies kommt darin zum Ausdruck,
daß auch heute noch zum Zustandekommen eines Hausge-
setzes Stimmeneinhelligkeit erforderlich ist. Während sonst
bei Körperschaften zur Bildung der Satzung im Zweifel ein
Mehrheitsbeschluß hinreicht, herrscht hier auch zurzeit
noch der Grundsatz der Gleichberechtigung der Stimmen.
Wo immer die agnatische Zustimmung besonders hervorge-
hoben wird, geschieht es mit den Worten „unter Zustimmung
der Agnaten“ (bayer. Fam.-Stat. Eingang). Unter Zustimmung
der Agnaten heißt unter Zustimmung sämtlicher Agnaten,
wie das hannoversche Hausgesetz Kap. II $ 3 sagt: „Es darf
keine der hausgesetzlichen Bestimmungen, welche das Recht
und die Ordnung der Thronfolge angehen, eine Änderung
erleiden, es wäre denn, daß, außer der den Ständen...
vorbehaltenen Zustimmung, auch sämtliche stimm- und
sukzessionsfähige Agnaten, unter Vertretung der noch un-
mündigen, darein willigten“ (vgl. auch Hausges. für Koburg-
Gotha Art. 119). Würde in das fürstliche Hausrecht das
Majoritätsprinzip Aufnahme gefunden haben, so hätte sich