IV Vorwort.
Meinung, daß sie zu sehr nur den Weg der logischen Rechts-
auslegung betritt, dem historischen Auslegungsmoment zu
wenig Beachtung gönnt. Ich stelle innerhalb der Grenzen
des Rechts in höherem Maße auch die historisch-politische
Seite der Auslegung in Rechnung.
Das Studium vorliegender Einzelfrage, die Beweisführung
über sie, erforderte eine Durcharbeitung der ganzen Materie
des Fürstenrechts unter dem Gesichtspunkte der Umgestal-
tungen dieses Rechtsstoffes im modernen Staate. Und so ent-
schloß ich mich zu einer systematischen Darstellung des
Kürstenrechts insgesamt vom Standpunkte seiner heutigen
eltung.
Hieraus ergab sich aber weiteres. Die Entwicklung aus
der Vergangenheit ließ ich bei Seite. Wo heutige Rechts-
institute in jenen früheren Jahrhunderten wurzeln, beschränkte
ich mich auf Darstellung dessen, was gilt. Nur soferne neue
Fragen nicht ohne Einkehr beim Alten und Vergangenen lösbar
erschienen, ging ich zurück. Ferner unterließ ich den Gang
von Streitfragen aufzurollen, deren Ergebnis mir heute fest-
zustehen schien. Hier faßte ich mich äußerst kurz. Endlich
aber erörterte ich nur allgemeine, prinzipielle Fragen. Ihre
Anwendung auf die einzelnen Fürstenfamilien, besonders die
Verhältnisse der weitverzweigten Gesamthäuser, würde die
Übersicht gestört haben. Lediglich soweit es die Beweis-
führung erfordert, ist auf konkrete Verhältnisse eingegangen.
Im übrıgen mag solch Einzeluntersuchung besonderen Gelegen-
heiten vorbehalten sein. Vorläufig sei hierfür auf die Ein-
leitungen verwiesen, welche Schulze in seinem Werke „Die
Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser“ (1862
bis 1883) jeder Abteilung vorausschickt. Eine „Überschau®,
wenn ich so sagen darf, über die äußere Rechtsgeschichte der
einzelnen Dynastien gibt Heffter, Die Sonderrechte der sou-
veränen und der mediatisierten, vormals reichsständischen
Häuser (1871).
Kaum der Erwähnung bedarf, daß die Darstellung gleich-
mäßig dem öffentlichen und dem privaten Rechte sich
widmet.
Straßburg ı. E., Ende Januar 1904.
Hermann Rehm.