Full text: Modernes Fürstenrecht

412 8 49. Thronfolgeverzicht zugunsten bestiramter Dritter. 
Gesetzentwurf in Vorlage gebraeht; allein sie ist der Meinung, 
nach jener verzichtenden Nebenlinie habe ein anderes Haus 
als das, zu dessen Gunsten diese Linie verzichtet hat, ein 
Recht zur Krone, aus einem älteren Vertrage, z. B. einer 
Erbverbrüderung. Sie will den Sukzessionsanspruch dieses 
Hauses, welcher hausrechtlich feststeht, auch staatsgesetzlich 
anerkannt wissen. Die Regierung ist damit einverstanden 
und es ergeht nun ein Gesetz, demzufolge nach Erlöschen 
jener Hauptlinie der Chef der erbverbrüderten Familie 
sukzedieren soll. Der herrschenden Lehre gemäß, welche 
Verzichteverträgen vor Anfall alle Rechtskraft abspricht, 
somit auch Verzichtsverträgen zugunsten Dritter, würde ein 
solches Gesetz nicht anzufechten sein; von unserem Stand- 
punkte aus dagegen wohl: die Nebenlinie hat nur für den 
Fall verzichtet, daß, wenn sie entsage, Nachfolger jener 
Hauptlinie das Geschlecht würde, zu dessen Gunsten sie 
entsagte. Für den Fall, daß dies nicht einträte, will sie nicht 
verzichtet haben. Das Gesetz verletzt somit das Sukzessions- 
recht der Nebenlinie, das dieser nach altem Hausrecht zu- 
kommt und bisherigem Staaterecht zukam. Erklärt die nach 
dem neuen Staatsgesetz unbedingt ausgeschlossene Linie nicht 
nachträglich freiwillig, sie verwandle ihren früheren be- 
schränkten Verzicht in einen unbeschränkten, so entsteht 
also eine Thronfolgestreitigkeit, welche nach Maßgabe 
dessen, was wir in & 34 auch über Thronfolgestreite be- 
merkten, ihre Erledigung zu finden hat. Die Erweiterung 
ihres Verzichtes zu einem unbedingten versetzt die Neben- 
linie gegenüber dem Prinzen, zu dessen Gunsten sie Verzicht 
geleistet hatte, nicht ins Unrecht, denn gebunden hatte sie 
sich ja nur im Verhältnis zu ihrem Hause und ihrem Staate ; 
jenem Prinzen gegenüber war der Verzicht nach unserer An- 
nahme von Anfang an frei widerruflich. 
3. Der ursprüngliche Verzichtsvertrag ist so, wie wir 
ihn skizzierten, lediglich ein für die entsagende Linie Pflichten 
begründender. Nicht folgt aus ihm eine Verpflichtung des 
Staates, den Prinzen, zu dessen Gunsten jene Linie ver- 
zichtet hat, zur Nachfolge zu berufen. Unterläßt der Staat 
ein diesbezügliches Gesetz, so trıtt eben im Momente des
	        
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