450 8656. Die Stellung der Familienmitglieder im Völkerrecht.
keinen Anspruch auf andere Behandlung, als er sie sonst dem
Fremden erweist; es müßte sich denn im Gefolge des im
auswärtigen Staate nicht inkognito reisenden Familienhauptes
im Auslande befinden.
B. 1. a) Hieraus folgt, daß das Familienhaupt gegenüber
fremden Staaten und deren Höfen eine besondere Völker-
rechtsstellung einnimmt. Freilich nimmt es diese bevor-
rechtete internationale Stellung nicht sowohl als Familien-,
sondern in erster Linie als Staatshaupt ein. In dem völker-
rechtlichen Prinzipe der Unabhängigkeit eines Völkerrechts-
subjektes vom anderen ist auch enthalten der Völkerrechts-
satz der Unabhängigkeit des obersten, das Völkerrechtssubjekt
repräsentierenden Organes des Völkerrechtssubjektes. Und
zwar würde die Unabhängigkeit des Staates vom Staate auch
gefährdet, wenn das oberste Staatsorgan nur in seiner staats-
häuptlichen Stellung unabhängig wäre. Das Völkerrecht hat
es daher in jedem seiner Rechtsverhältnisse gegenüber dem
Auslande unabhängig gestellt, demgemäß auch als Familien-
haupt und sogar als Privatmann, in allen seinen Privatrechts-
verhältnissen, indem das Völkerrecht auch auf das Verhältnis
des Staatshauptes zum fremden Staate den Rechtssatz in
jeder Richtung anwendet: par in parem non habet imperium.
Der Souverän, welcher im Gebiete eines anderen Staates
einen Vertrag abschließt, der auch dort zu erfüllen ist, unter-
steht der auswärtigen Gerichtsbarkeit nur, wenn er sich durch
völkerrechtlichen, staatsrechtlichen oder privatrechtlichen Ver-
trag verpflichtet hat, sich den auswärtigen Gerichten zu
unterwerfen, oder wenn er freiwillig vor ihnen Recht nimmt.
Vgl. Edg. Löning, Die Gerichtsbarkeit über fremde Staaten
und Souveräne in der Festgabe der Juristenfakultät Halle für
Fitting 1903 S. 145, 152,
b) Diese Unabhängigkeit von fremder Staatsgewalt steht
dem Landesfürsten aber nur zu, soweit es sich um Zirl-
und Sirafgerichtsbarkeit handelt; dem fremden Verwaltungs-
befehl und Verwaltungszwang unterliegt er, soweit er sich
unter auswärtiger Gebietshoheit mit Person oder Vermögen
befindet. Dafür ist er andererseits in diesem Umfange ex-
territorial nicht bloß, wenn und soweit er sich im Auslande