50 83. Das Recht am Throne, nicht durch den Staat entziehbar.
behauptet wird (z. B. Anschütz S. 574), die preußische Ver-
fassung bestehende Erbverträge sogar aufheben wollte?
Geschlossen wird dies aus dem verfassungsrechtlichen
Grundsatz der Unteilbarkeit des Staatsgebietes. Allein zu-
nächst wird derselbe nur von einem Teil der Verfassungen aus-
gesprochen, was unseren Fall angeht, lediglich von Sachsen
($ 1); im allgemeinen läßt er sich allein als Folgerung aus
dem Prinzip der Primogenitur entnehmen. Aber selbst wenn.
ihn die Verfassung ausdrücklich formuliert, ist derselbe eng
zu interpretieren.
Wo der Satz aus dem Prinzip der Primogenitur abge-
leitet wird, kann er nur enge interpretiert werden. Denn
dies ist ein Grundsatz, den die Verfassung lediglich für die
Erbfolge innerhalb eines Geschlechtes, innerhalb des Ge-
schlechtes der vom ersten Erwerber der Landeshoheit Ab-
stammenden, nicht aber für den Übergang des Thrones von
einem Hause, diesem Hause auf ein neues aufstellt. Für die
Vererbung @m Mannes-, im Weiberstamme schreiben die Ver-.
fassungen den Grundsatz der Erstgeburtfolge vor, nicht weiter.
Aber auch wenn wir die Vorschrift der Unteilbarkeit in der
Verfassung unmittelbarausgesprochen finden, dürfen wir nicht an-
ders entscheiden. Der Grundsatz der Unteilbarkeit hat sich histo-
risch lediglich im Zusammenhang mit dem Primogeniturprinzip
entwickelt. Wie wir auch sonst vielfach Verfassungsbestim-
mungen aus historischen Gründen, wegen des gegenteiligen
Grundsatzes, den sie aufheben wollten, enger interpretieren
müssen, als es ihrem Wortlaute entspricht — man denke
an den Satz: „Die öffentlichen Ämter sind für alle dazu.
Befähigten gleich zugänglich“ (preuß. Verf. Art. 4) oder gar
an die bayerische Verfassungsbestimmung (Tit. IV): „Jeder
Bayer ohne Unterschied kann zu allen Zivil-, Militär- und
Kirchenämtern oder Pfründen gelangen“ —, so ist dies eben-
falls hier notwendig. Der Satz „Das Königreich Sachsen ist
ein unteilbarer Staat“ leidet keine andere Auslegung als die:
Solange die Krone sich in demselben Geschlechte vererbt,
ist eine Teilung des Staatsgebietes ausgeschlossen. 1603 er-
klärt Brandenburg in einem Hausvertrage, dem Geraer Haus-
vertrage, feierlich die Unteilbarkeit des Landes und ebenso.