8 5. DieFolgen rechtewidriger Entziehung od. Schmälerung agnat. Rechte. 79
Hälfte aus fürstlichen Familienhäuptern bestand, vermeiden
wollte, daß hinsichtlich Staats- und Hausrecht Differenz be-
züglich des Ebenbürtigkeitsrechtes entstehe. Aber selbst wenn
er es nicht gewollt hätte: Aus dem in Art. 57 niedergelegten
objektivierten Gesetzeswillen folgt, daß, soweit Thronfolge-
recht bürgerlichrechtliche Materien berührt, Hausrecht dem
insofern zivilrechtliche Natur besitzenden Gesetz des Einzel-
staates über Thronfolge gleichgeordnet ist.
d) Die Felgen rechtswidriger Entziehung oder
Schmälerung agnatischer Bechte.
8.
I. A. 1. Die agnatischen Rechte am Thron — hierüber
dürfte keine Meinungsverschiedenheit bestehen — fallen ein-
mal unter den Begriff der (wohl) erworbenen Rechte. Sie sind
nicht blofs Möglichkeit künftigen Rechtserwerbs. Die Aus-
sicht auf künftiges Recht ist in ihnen „zu einem selbständigen
Anwartschaftsrecht verdichtet“ !); die Gesetzgebung bezeichnet
die Agnaten als sukzessionsberechtigt. Und die Rechte stehen
ihrem Subjekte kraft besonderen Erwerbsgrundes, infolge
Abstammung vom ersten Erwerber der Landeshoheit, zu. Alle
Merkmale der erworbenen Rechte sind damit gegeben. Zum
anderen stellen die genannten Rechte Privilegien im subjek-
tiven Sinne, d. h. nicht bloß Rechte, sondern Vorrechte dar.
2. Aus beiden Gesichtspunkten entspricht es der Gerech-
tigkeit, daß der Staat für ihre Beseitigung oder Schmälerung
Entschädigung gewährt. Bei einfachen erworbenen Rechten
entspricht solche Entschädigung der Gerechtigkeit, sofern
dieselben nur nicht zu jener Kategorie von Rechten zählen,
deren Fortbestand dem Rechtsbewußtsein der Gegenwart
widerstreitett. Wo immer ein Recht, das für seinen Träger
wirtschaftlichen Wert besitzt, dem höheren Interesse der Ge-
samtheit zum Opfer gebracht wird, ist es ein Gebot der Ge-
rechtigkeit, daß die Gesamtheit einen Ausgleich herbeiführt?).
1) Gierke, Deutsches Privatrecht I 8. 194. A. M. zum Teil Jellinek,
System der subj. öffentl. Rechte 8. 327; Schücking S. 24ff. u. a.
2) Ebenda 8. 195.