Full text: Modernes Fürstenrecht

8 6. Das Wesen der landesfürstlichen Familiengewalt. 85 
Territorien mit dem deutschen Reiche noch das lehenrecht- 
liche Band verknüpft und Lehen ıst grundsätzlich doch ein 
Verhältnis von Mensch zu Mensch; das Lehensverhältnis war 
eine Verbindung von Fürst und Kaiser. Jetzt ist dieses 
persönliche Band gelöst und so vermag auch im Territorium 
der Gedanke der Staatspersönlichkeit stärker sich durchzu- 
setzen; zweifellos jetzt wird der Fürst zu einem Staatsorgan. 
Das Recht an der Krone wird zu einem Recht auf Ausübung 
einer Staatsorganschaft. 
Aber damit wächst andererseits dem Landesherrn auch 
weiteres Recht zu. Bisher waren die Seitenverwandten des- 
selben reichsunmittelbar, also grundsätzlich nicht seiner, 
sondern des Reiches Staatsgewalt unterworfen!),. Nunmehr 
wurden sie seine Untertanen, soweit sie eben die allgemeinen 
Voraussetzungen hierfür erfüllten, und die waren in damaliger 
Zeit noch dauernder Aufenthalt im Lande; nicht genügte 
Abstammung von Landesangehörigen?); mit dauernder Ab- 
wesenheit vom Lande, Aufgabe des Wohnsitzes daselbst, war 
die Landeszugehörigkeit verloren. 
Teils weil die Mitglieder des landesherrlichen Hauses 
nicht notwendig Staatsuntertanen geworden sein mußten, teils 
und vor allem, weil das Interesse des Staates ein besonderes 
Ansehen des Hauses, aus welchem der Landesfürst hervorgeht, 
und demgemäß ein besonderes, über die in dieser Beziehung 
an den gewöhnlichen Untertanen zu stellenden Anforderungen 
hinausgehendes Wohlverhalten der Mitglieder der regierenden 
Familie angezeigt erscheinen läßt, begnügte sich der souverän 
gewordene Staat nicht damit, die Mitglieder des landesfürst- 
lichen Hauses, soweit diese Möglichkeit überhaupt vorhanden, 
dem allgemeinen Untertanenverhältnis zu unterwerfen, sondern 
er unterstellte dieselben noch und jedenfalls einer besonderen 
Gewalt, der landesfürstlichen Familiengewalt. Der vom ersten 
Erwerber der Landeshoheit nach Geblütsrecht Abstammende 
1) Vgl. dazu Rehm, Das landesherrliche Haus u. s. w. 8. 28f. 
2) Rehm, Der Erwerb von Staats- und Gemeindeangehörigkeit in ge- 
schichtlicher Entwicklung in den Annalen des Deutschen Reiches 1892, $ 7 
und 11; Meyer a. a. O. 8 75.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.