250 2. Abthl. Die Formation der Armee.
Aerzte ohne Physikatsprüfung dürfen nur in Nothfällen zu gerichts-
ärztlichem Dienste beigezogen und müssen für den betreffenden Fall be-
sonders in Pflicht genommen werden; Zeugnisse über Straftüchtigkeit eines
Individuums können sie jedoch ausstellen.
Ordinirende Aerzte führen Tagebuch über die ärztliche Behandlung
solcher Individuen, welche eine Verwundung an sich tragen. Dasselbe muß
auch eine Beschreibung der Verletzung enthalten, um bei abverlangten Gut-
achten Bescheid geben zu können.
X. Abschnitt.
Die Militär-Seelsorge.
(V.-Bl. 1863, Nr. 23.)
Die gottesdienstlichen Funktionen und die Seelsorge in der Armee
werden im Frieden regelmäßig von denjenigen Pfarrämtern und ständigen
Pfarrvikariaten versehen in deren geographisch abgegrenztem Sprengel die
Truppentheile garnisoniren.
Den präsenten Mannschaften katholischer und protestantischer Konfession
wird ermöglicht, an jedem Sonn= und Festtage und an den allerhöchsten
Geburts= und Namensfesten den für die Gemeinden abgehalten werdenden
Gottesdiensten anzuwohnen.
Die Pfarrämter theilen den Kommandanturen mit, wann und in
welchen Kirchen den Mannschaften der Empfang der Sakramente zu Theil
werden kann.
In Militärlazarethen findet an Sonn= und Festtagen besonderer
Gottesdienst statt.
Die Kommandanturen vereinbaren mit den Pfarrämtern bestimmte
Tage, an welchen regelmäßige Besuche in den Krankenlazarethen durch die
Geistlichen vorgenommen werden.
Wird von einem Kranken besonders geistlicher Besuch, namentlich
wegen Empfanges der Sterbsakramente verlangt oder nach Befinden des
Aerztes nothwendig, so wird das Pfarramt bezw. der speziell mit der
Seelsorge betraute Geistliche sofort vernachrichtet. Die Geistlichen sind
auch den außerhalb der Lazarethe liegenden erkrankten Unteroffizieren 2c.
gegenüber zur Seelsorge verpflichtet.
Die Begräbniffeierlichkeiten verstorbener Unteroffiziere oder Soldaten,
sowie der legalen Familienglieder derselben bestehen im Aussegnen, Be-
gleiten der Leichen und — je nach der Konfession — in einer Leichenrede
oder Seelenmesse.
Zur seelsorglichen Pflege der Arrestanten vereinbaren die Dienstes-
stellen mit den betreffenden Pfarrämtern bestimmte Besuchstage.
Die zur Bestreitung der religiösen Pflege im Etat des Kriegs-
ministeriums vorgesehene Summe (1863 ca. 29572 Mark oder 17250 fl.)
wird dem Staatsministerium des Innern für Kirchen= und Schulange-
legenheiten jährlich durch die Centralstaatskassa zur entsprechenden Ver-
fügung überlassen.