Full text: Heerwesen und Dienst in der königlich bayerischen Armee.

254 3. Abthl. Die Ehrengerichte. Die Militärgerichtsverwalt. u. Gefängnißwes. 
leute, den Premierlieutenant die Bezeichneten und die Premierlieutenants, 
den Sekondlieutenant das gesammte Offizierkorps. 
16. Haben Bataillone oder Abtheilungen eines Infanterie= oder 
Artillerieregiments verschiedene Garnisonen, so wird bei jedem einzeln 
garnisonirenden Bataillon bezw. Abtheilung ein besonderer Ehrenrath 
gebildet. 
§. 17. Die Wahl leitet der Kommandeur. Sie erfolgt durch Abgabe 
resp. Einsendung von Stimmzetteln. Für jede Charge wird auch ein 
Ersatzmann gewählt. 
§. 22. Jeder Offizier hat das Recht, Handlungen oder Unterlassungen 
jedes andern deutschen Offiziers, welche dessen oder des Standes Ehre ge- 
fährden oder verletzen, zur Kenntniß des Ehrenraths oder des direkten 
Vorgesetzten des Bezichtigten zu bringen. 
§. 23. Der Ehrenrath hat die Pflicht, hievon dem vorgesetzten 
Kommandeur Meldung zu machen. Der Kommandeur entscheidet, ob und 
auf welchem Wege die Sache weiter zu verfolgen ist. 
§. 24. Wenn nöthig, beauftragt der Kommandeur den Ehrenrath 
mit Ermittelungen zur Feststellung des Thatbestandes. Befinden sich die 
Mitglieder des Ehrenrathes nicht an einem Orte, so ist der Kommandeur 
berechtigt, sie an einem bestimmten Orte zur Erledigung des übertragenen 
Geschäftes des Ehrenrathes zusammentreten zu lassen. 
§. 26. Jeder den Ehrengerichten unterstellte Offizier hat das Recht, 
auf einen ehrengerichtlichen Spruch gegen sich selbst anzutragen, sowie die 
Ealscht. jedem Ehrenrath Rede zu stehen und demselben Auskunft zu 
ertheilen. 
  
Vom ehrengerichtlichen Verfahren. 
§. 27. Findet der Kommandeur ehrengerichlichen Spruch erforderlich, 
so hat er nach Feststellung des Thatbestandes die Entscheidung des Befehls- 
habers, welcher berechtigt ist, ein ehrengerichtliches Verfahren über den 
Bezichtigten anzuordnen, auf dem Instanzenwege einzuholen. Dem des- 
fallsigen Berichte sind beizulegen: 
a) die bisherigen Verhandlungen und das Gutachten des Ehrenraths, 
b) der Personalbericht des Bezichtigten, welcher zugleich über die 
Führung desselben das für den Zweck Nothwendige enthalten muß. 
soerlelbe ist gegebenen Falles auf dem Requisitionswege zu be- 
affen. 
§. 28. Das ehrengerichtliche Verfahren anzuordnen, ist nur der direkte 
Befehlshaber desjenigen Truppentheils berechtigt, dessen Ehrengericht der 
Bezichtigte unterstellt ist. 
§. 29. Dieser Befehlshaber entscheidet, ob ein ehrengerichtliches Ver- 
fahren stattfinden soll, verfügt oder bestätigt die vom Kommandeur bereits 
verhängte Suspensation vom Dienste. Die Entscheidung erfolgt schriftlich 
und ist, wenn das ehrengerichtliche Verfahren angeordnet wird, so be- 
stimmt als möglich auszusprechen, wegen welchen Verstoßes gegen 
die Standespflichten die ehrengerichtliche Untersuchung stattfinden soll. 
8. 30. Ein Rekurs gegen diese Entscheidung ist nur dann zuläßig, 
wenn durch selbe der Antrag eines Offiziers auf ehrengerichtliches Ver- 
fahren gegen sich selbst abgelehnt wird, in welchem Falle die Entscheidung 
des kommandirenden Generals einzuholen ist. 
 
	        
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