II. Abschn. Das Reichsmilitärstrafgesetz. 269
lung nicht begangen hätte, seine gesetzliche oder von ihm übernommene
Verpflichtung zum Dienste erfüllt haben würde.
8. 77. Wer von dem Vorhaben einer Fahnenflucht zu einer Zeit, in
welcher deren Verhütung möglich ist, glaubhafte Kenntniß erhält und es
unterläßt, hiervon seinem Vorgesetzten rechtzeitig Anzeige zu machen, ist,
wenn die Fahnenflucht begangen worden, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs
Monaten und, wenn die Fahnenflucht im Felde begangen worden, mit
Freiheitsstrafe von Einem Jahre bis zu drei Jahren zu bestrafen.
8. 78. Wer einen Anderen zur Fahnenflucht vorsätzlich verleitet oder
die Fahnenflucht desselben vorsätzlich befördert, wird, wenn die Fahnen—
flucht erfolgt ist, mit Gefängniß von sechs Monaten bis zu zwei Jahren,
im Felde mit Gefängniß von fünf bis zu zehn Jahren bestraft; zugleich
kun auf Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes erkannt
werden.
Der Versuch ist strafbar.
§. 79. Ein Gefangener, welcher sich selbst befreit, wird, wenn nicht
die härtere Strafe der Fahnenflucht verwirkt ist, mit Freiheitsstrafe bis zu
sechs Monaten bestraft.
§. 80. Ein Offizier, welcher während der Verbüßung des Stuben-
arrestes eigenmächtig seine Wohnung verläßt, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu sechs Monaten bestraft; zugleich ist auf Dienstentlassung zu erkennen.
Ein Offizier, welcher während der Verbüßung des Stubenarrestes
dem Verbot des §. 23 zuwider Besuche annimmt, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu sechs Monaten bestraft; in schweren Fällen ist zugleich auf Dienst-
entlassung zu erkennen.
IV. Selbstbeschädigung und Vorschützung von Gebrechen.
§. 81. Wer sich vorsätzlich durch Selbstverstümmelung oder auf andere
Weise zur Erfüllung seiner gesetzlichen oder von ihm übernommenen Ver-
pflichtung zum Dienste untauglich macht oder durch einen Anderen un-
tauglich machen läßt, wird mit Gefängniß von Einem Jahre bis zu fünf
Jahren bestraft; zugleich ist auf Versetzung in die 2. Klasse des Soldaten-
standes zu erkennen.
Wird durch die Handlung die Unfähigkeit zu Arbeiten für militärische
Zwecke verursucht, so ist die an sich verwirkte Gefängnißstrafe um die
Dauer von drei Monaten bis zu Einem Jahre zu erhöhen; zugleich ist
auf Entfernung aus dem Heer oder der Marine zu erkennen.
Der Versuch ist strafbar.
§. 82. Dieselben Freiheitsstrafen (§. 81) treffen denjenigen, welcher
einen Anderen auf dessen Verlangen zur Erfüllung seiner gesetzlichen oder
von ihm übernommenen Verpflichtung zum Dienste untauglich macht; zu-
gleich kann auf Versetzung in die zweite Klasse des Seldatenstandes er-
kannt werden.
§. 83. Wer in der Akbsicht, sich der Erfüllung seiner gesetzlichen oder
von ihm übernommenen Verpflichtung zum Dienste ganz oder theilweise zu
entziehen, ein auf Täuschung berechnetes Mittel anwendet, wird mit Frei-
heitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft; zugleich kann auf Versetzung in
die zweite Klasse des Soldatenstandes erkannt werden.
Dieselbe Strafvorschrift findet auf den Theilnehmer Anwendung.